Die Dorfhelferinnen – Hilfe für Haus und Hof
Geburten, schwere Verletzungen, Operationen, Erkrankungen und auch der Tod von Familienmitgliedern werfen auf landwirtschaftlichen Betrieben alles durcheinander. Emotional, aber auch arbeitswirtschaftlich müssen all diese Ereignisse irgendwie bewältigt werden. Hier bieten die Dorfhelferinnen flexible Unterstützung.
Die Dorfhelferinnen sind vielseitig einsetzbar. Sie pflegen Kranke, organisieren den Haushalt und helfen den Kindern bei den Hausaufgaben. Wird Hilfe im Stall benötigt, gehören auch Füttern und Melken zu den Aufgaben einer Dorfhelferin.
Fortbildung an der LWS Pfaffenhofen a. d. Ilm
Einmalig in Bayern bietet die Landwirtschaftsschule (LWS) Pfaffenhofen die Fortbildung zur staatlich geprüften Dorfhelferin in Vollzeit an. Zu den Inhalten der Fortbildungen gehören die Vertiefung der hauswirtschaftlichen Kenntnisse und das professionelle Management von Familie und Betrieb. Die Studierenden stärken ihre Sozialkompetenz und lernen sich und ihre Möglichkeiten besser kennen. So vielseitig die Einsätze sein können, so vielseitig ist auch die Weiterbildung.

Dorfhelferinnen berichten
Eine Studierende und zwei Absolventinnen der LWS Pfaffenhofen geben uns Einblick in die Aufgaben einer Dorfhelferin und ihre persönlichen Gedanken zu dem Beruf. Paula Geißinger aus dem Landkreis Rosenheim hat die Ausbildung 2020 absolviert und arbeitet als Selbstständige. Magdalena Thalhammer hat ebenfalls 2020 als staatliche geprüfte Dorfhelferin absolviert und ist, wie eine Vielzahl der Dorfhelferinnen, bei der Katholischen Dorfhelferinnen und Betriebshelfer in Bayern GmbH angestellt. Elisabeth Schwarzbauer befindet sich im zweiten Semester der Fortbildung zu Dorfhelferin.
Alle drei haben vorab eine hauswirtschaftliche Ausbildung abgelegt. Für alle drei waren die Vielseitigkeit und die ständig neuen Herausforderungen der Grund, sich für die Fortbildung zu entscheiden. Jeder Einsatz ist anders. Die eine Frau hat ein Kind bekommen, die andere hatte einen Unfall oder musste sich einer Operation unterziehen. Die Dorfhelferinnen übernehmen für eine gewisse Zeit, meist sechs bis acht Wochen, die Aufgaben dieser Frauen und unterstützen so auch die dazugehörigen Familien. Elisabeth Schwarzbauer fasst es so zusammen: „Kurz gesagt, wir kümmern uns um alles, was die Bäuerin leistet, und versuchen dies bestmöglich weiterzuführen.“

Der erste Tag in einer Familie
Auf die Frage, was am ersten Tag besonders wichtig ist, haben die drei unterschiedliche Antworten. Während Paula Geißinger der ersten Begegnung weniger Gewicht beimisst als den darauffolgenden Alltag in der Familie, empfiehlt Magdalena Thalhammer, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und alles umstrukturieren zu wollen. Einig sind sich alle drei über die Bedeutung der Kommunikation und des Einfühlungsvermögens. Eine Dorfhelferin muss der Familie, auch der ausgefallenen Frau, viele Fragen stellen, um Haushalt, Kinder, Altenteiler und Stall in deren Sinne weiterführen zu können, ohne übergriffig zu werden. Gerade bei Todesfällen gilt es aber auch, die Art und Weise, wie die Familie damit umgeht, zu akzeptieren.
Dorfhelferin nach Feierabend
Die beiden erfahrenen Dorfhelferinnen betonen, wie wichtig es ist, einen gewissen Abstand zu wahren, insbesondere, wenn kleine Kinder involviert sind. Trotz aller Professionalität ist es aber nicht immer möglich, nach Feierabend nicht mehr an die Schicksalsschläge der betreuten Personen zu denken. In diesen Fällen hilft es Magdalena Thalhammer mit Kolleginnen, der Einsatzbegleitung oder Einsatzleitung zu sprechen. Auf der anderen Seite ist es aber auch schön, wenn ehemals betreute Personen die Dorfhelferin nach Jahren wieder anfragen oder sie beispielsweise auf Volksfesten nett grüßen.

Wertschätzung
Der Beruf Dorfhelferin ist nach Meinung der drei Frauen so vielschichtig, dass Außenstehende oft kein vollständiges Bild davon haben und glauben, er beschränke sich auf Kochen und Putzen. Nach ausführlicher Beschreibung des Berufsbilds und der Einsätze wandelt sich die Geringschätzung des Gegenübers oft in echte Wertschätzung. Da heißt es dann oft: „Gut, dass es noch solche Leute wie euch gibt.“
Wer hat Anspruch auf eine Dorfhelferin
Dorfhelferinnen kommen nicht nur in der Landwirtschaft zum Einsatz. Auch Privatpersonen, beispielsweise mit Pflegegrad oder bei geburts-, krankheits- oder operationsbedingtem Ausfall, können in Absprache mit der Krankenkasse eine Dorfhelferin anfragen. Die Krankenkasse entscheidet dann über Dauer und Umfang der Unterstützung.
Sonja Hartwig-Kuhn
Fortbildung zur Dorfhelferin
Die Fortbildung zur Dorfhelferin dauert zwei Jahre und findet an zwei Orten statt. Teil 1 dauert 15 Monate und findet in der Abteilung Hauswirtschaft der LWS Pfaffenhofen an der Ilm statt. Der zweite Teil dauert neun Monate und wird an der Katholischen Fachschule für Dorfhelferinnen und Dorfhelfer in Neuburg an der Donau absolviert. Im Rahmen eines Vorpraktikums erhalten die angehenden Dorfhelferinnen einen Tierhaltungslehrgang und müssen ein sechswöchiges Betriebspraktikum machen.
An der LWS folgen Einheiten zu Erziehung und Familie, Ernährung und Service, Haushaltsmanagement sowie Nutz- und Wohngarten. Darüber hinaus werden die Themenfelder Betriebsführung und Tierhaltung, Berufs- und Arbeitspädagogik sowie Unternehmensgründung und Projektmanagement unterrichtet.
Voraussetzung für die Fortbildung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Hauswirtschaft. Auch wer im letzten Ausbildungsjahr ist, kann sich bewerben. Die Schule ist an ein Wohnheim angeschlossen, das Studierenden aus ganz Bayern zur Verfügung steht.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.aelf-ip.bayern.de/bildung/hauswirtschaft/275207/index.php