Zu Gast bei den bayerischen Milchhoheiten
Am 4. Mai 2022 wurde Veronika Gschoßmann zur Milchkönigin und Philomena Mögele zur Milchprinzessin in Triesdorf feierlich gewählt. Beide Milchhoheiten kommen von einem Milchviehbetrieb, beide haben sich für ein Studium im agrarwissenschaftlichen Bereich entschieden.
Vor Veronika und Philomena liegen zwei spannende Jahre, in denen sie viele Reden halten, Messen besuchen und Menschen kennenlernen werden. Sie werden fachlich, methodisch und persönlich sicher viel neues Wissen erlangen und Erfahrungen sammeln. Sie werden mit Landwirten, Vertretern der Molkereiwirtschaft und Verbrauchern ins Gespräch kommen, vielleicht auch emotional diskutieren. Neben der physischen Begegnung gilt es hierbei auch die Auftritte auf Facebook und Instagramm zu pflegen und regelmäßig mit Inhalten zu füllen.
Was es bedeutet Milchhoheit zu sein
Die Milchhoheiten werden unweigerlich lernen, jedem Menschen, vom Azubi bis zum Politiker oder Molkereichef mit Respekt und Aufmerksamkeit entgegenzutreten. Die beiden werden aber auch geübt darin, mit kritischen Beiträgen auf den Social-Media-Kanälen professionell umzugehen. Darüber hinaus werden sie interessante Netzwerke knüpfen können. Das wird sie prägen und vielleicht auch Einfluss auf ihren weiteren Werdegang nehmen.
Wir haben sowohl die Milchkönigin als auch die Milchprinzessin zu Hause auf ihren Betrieben besucht. Dort haben wir uns über die Aufgaben der jungen Frauen in der Tierhaltung unterhalten. Darüber hinaus aber natürlich auch über ihr repräsentatives Amt und wie all das mit Studium und Ausbildung vereinbar ist.
Die Milchkönigin
Veronika Gschoßmann kommt aus Kühbach im Landkreis Aichach-Friedberg. Ihre Familie bewirtschaftet einen Zuchtbetrieb mit rund 100 Kühen. Nach einer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau erwarb sie die Fachhochschulreife und studiert nun Agrarmarketing und Management an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Kurz vor unserem Treffen, am 22. Juli, hat sie ihre letzte Klausur für das Semester geschrieben, jetzt sind aber erst einmal Semesterferien.
Als Milchhoheit zwischen Studium…
Die quirlige Blondine rechnet mit ordentlichen Prüfungsergebnissen. Ihren Kommilitonen ist sie dankbar für die Unterstützung. Landwirtschaftsstudenten helfen sich untereinander. So konnte Veronika mit etwas Nacharbeit auch Prüfungen, das Königinnenamt, Landwirtschaft und Freizeit miteinander vereinbaren. „Ich hab‘ viel zu tun, dafür aber auch viel Abwechslung. Das ist guter Stress“, schmunzelt die 23-jährige. Im Winter will sie ihre Bachelorarbeit schreiben. Sie hat noch kein konkretes Thema, aber der Themenkomplex Agrarpolitik und Zukunft der Landwirtschaft interessiert sie. Erste Gespräche bezüglich einer Abschlussarbeit konnte sie auf der Messe BIOFACH in Nürnberg führen, die sie offiziell als Milchkönigin besucht hat. Zufälligerweise war die entsprechende Dozentin auch vor Ort.
…Landwirtschaft…
Veronika ist die älteste von drei Geschwistern. Einer ihrer Brüder wird den Betrieb übernehmen, der andere macht eine Ausbildung zum Mechatroniker. Sofern sie zwischen Studium und Ehrenamt Zeit findet, packt sie auf dem Betrieb mit an. Dann versorgt sie die Kälber, füttert die Kühe und hilft auch ab und an beim Melken. Beim Silieren und auch bei den Feldarbeiten ist sie natürlich mit von der Partie.
Die LKV-Rind App ist bei Familie Gschoßmann voll im Einsatz. „Die App ist sehr praktisch, um schnell mal etwas nachzuschauen, aber auch um die Fütterung zu kontrollieren und die Zellzahlen im Auge zu behalten“, weiß die Landwirtstochter. Es ist wertvoll, Abweichungen bei einzelnen Kühen dank App und Herdenmanager frühzeitig zu erkennen. Ihr Vater und Bruder nutzen die App auch um Geburten, Tierbewegungen und Eigenbestandsbesamungen zu melden.
…und Ehrenamt
Die Idee sich für das Amt der Milchkönigin zu bewerben, kam Veronika spontan. Sie hat von November 2021 bis März 2022 ein Praktikum beim Bayerischen Bauernverband in Herrsching gemacht und den Herrschinger Grundkurs begleitet. In dieser Zeit fielen ihr die Plakate für die Wahl zur Milchkönigin auf. Kurz vor Bewerbungsschluss hat sie den Schritt gewagt, schnell noch ein Video gedreht, die Bewerbung und das geforderte Grußwort geschrieben. „Ich hatte keine großen Erwartungen, wollte mir hinterher aber auch nicht vorwerfen müssen, es nicht probiert zu haben“, lacht die Milchhoheit.
Als Milchkönigin vertritt beziehungsweise adressiert sie drei Sparten – Milcherzeugung, Molkereiwirtschaft und Gesellschaft. Am besten identifizieren kann sie sich auf Grund ihrer Herkunft mit der Landwirtschaft. Sie will Verbraucher informieren aber auch Landwirte dazu auffordern, offener zu werden. Bisher gab es nur wenige Veranstaltungen, bei denen sie und ihre Kollegin Philomena in den Dialog mit Verbrauchern treten konnten. Beide sind aktiv auf Social Media und versuchen auf diesen Weg möglichst viele Menschen zu erreichen. Gemeinsam arbeiten die jungen Frauen an Konzepten, über die sie ihre Follower erreichen und die Kanäle noch interessanter und interaktiver gestalten können.
Die Milchprinzessin
Philomena Mögele kommt aus Bobingen, Landkreis Augsburg. Ihre Eltern Ulrika und Stefan bewirtschaften einen Milchviehbetrieb mit rund 90 Fleckviehkühen plus Nachzucht. Philomena studiert seit Juli 2021 dual Landwirtschaft an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Das bedeutet, dass sie zeitgleich die Ausbildung zur praktischen Landwirtin und das Bachelor-Studium absolviert. Die 20-jährige hat zwei jüngere Geschwister, ihre Schwester macht derzeit ebenfalls eine landwirtschaftliche Ausbildung. Der Bruder geht noch zur Schule.
Spaß an der Landwirtschaft
Wenn Zeit ist, packt Philomena im elterlichen Betrieb mit an. Zu ihren Aufgaben gehört das Melken und das Herdenmanagement. Dazu nutzt die angehende Landwirtin den LKV-Herdenmanager und die LKV-Rind App. Besamungszeitpunkt, PAG-Test zur Trächtigkeitsuntersuchung, Trockenstellen, Kalben – mit den Tierlisten hat Philomena alle wichtigen Reproduktionstermine fest im Blick. Bullenauswahl und Besamen gehören aktuell noch zu den Aufgaben des Vaters. Irgendwann will die junge Frau noch einen Kurs zur Eigenbestandsbesamerin absolvieren. Dann könnte sie auch diesen Bereich übernehmen. Doch das muss noch warten.
Seit der Krönung zur Milchprinzessin ist der Terminkalender voll. Viele Veranstaltungen, die auf Grund von Corona nicht stattfinden konnten, werden jetzt in den Sommermonaten nachgeholt. Hinzu kommen Rhetoriktrainings, Termine mit Politikern, regelmäßige Updates zum Milchmarkt und Fragen rund um die Milchviehhaltung. Weitere Fortbildungen sind für den Winter geplant. Philomena ist froh, dass ihr Ausbilder Verständnis hat, wenn sie einmal früher gehen muss. „Mein Ausbilder ist einer meiner größten Fans und hat mich vorab immer wieder dazu aufgefordert, mich für das Amt einer Milchhoheit zu bewerben“, schmunzelt die Schwäbin.
Vom Wunsch zum Amt als Milchhoheit
Den Wunsch einmal Milchhoheit zu werden, hatte sie bereits als kleines Mädchen. Noch konkreter wurde dieser Wunsch auf der RegioAgrar 2019, als Philomena ganz fasziniert eine ihrer Vorgängerinnen sah. Bei der letzten Bewerbungsphase vor Corona war sie noch zu jung, eine Bewerberin muss mindestens 18 Jahre alt sein. Als das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt dann Anfang 2022 das Bewerbungsverfahren für die nächsten Milchhoheiten ausrief, machte Philomena endlich „Nägel mit Köpfen“. In der Endrunde konnten sie und Veronika sich gegen sechs weitere Finalistinnen durchsetzen.
Philomena ist stolz darauf, jetzt Repräsentantin der bayerischen Milch zu sein. Sie möchte zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Verbrauchern vermitteln. Als Landwirtstochter und angehende Landwirtin sind ihr die Praktiker besonders wichtig. Sie sieht großes Potential darin, dass Tierhalter durch Offenheit und den Dialog mit anderen Menschen Interesse wecken.
Darüber hinaus möchte sie zeigen, dass die Agrarbranche insbesondere für Frauen Zukunft hat. Sie weiß um die Sorgen der Tierhalter und die Transformationsprozesse, die der Landwirtschaft bevorstehen. „Jeder Betrieb braucht heute auch einen Plan B“, gibt die angehende Landwirtin zu bedenken. Auch der elterliche Betrieb hat mit Biogas und Photovoltaik weitere Standbeine. Außerdem ist aktuell noch ungewiss, ob Philomena oder ihre Schwester den Betrieb weiterführen wird. Klar ist aber, dass beide der Branche und auch der Heimat treu bleiben wollen.
Milchhoheit sein – Das steckt dahinter
1985 wurde die erste Bayerische Milchkönigin gewählt. Seit 25 Jahren wird alle zwei Jahre eine bayerische Milchkönigin und eine Milchprinzessin gewählt. Zwischen 1995 und 2000 wurde zusätzlich eine stellvertretende Königin gewählt. Seit 2001 gibt es nun auch eine Milchprinzessin. Gemeinsam vertreten die Milchhoheiten die bayerische Milchwirtschaft bei Messen, Presseterminen sowie Fach- und Verbraucherveranstaltungen im In- und Ausland.
Die Repräsentantinnen werden eingekleidet und bekommen für ihre Dienstfahrten ein Auto zur Verfügung gestellt. Rainer Falk, Marketing Koordinator des Verbands der Milcherzeuger Bayern (VMB) ist wichtigster Ansprechpartner für die beiden jungen Frauen. Weitere Unterstützung erhalten die Hoheiten durch die Kooperation mit der Organisation milch.bayern e.V.
Die Bewerberinnen für das Amt der Bayerischen Milchkönigin müssen sich zunächst mit einem Bewerbungsschreiben, einem Grußwort und einem Video bewerben. Anschließend stellen sich die geeigneten Kandidatinnen einzeln Fragen einer Jury, bestehend aus Vertretern der Verbände, Ministerium und Medien. Neben fundiertem Fachwissen zur Milcherzeugung und -verarbeitung gehört auch sicheres und sympathisches Auftreten zu den Fähigkeiten einer Milchhoheit. Seit drei Jahren berücksichtigt die Jury bei ihrer Entscheidung auch das Ergebnis eines Online-Votings, bei dem die Öffentlichkeit über die Kandidatinnen abstimmen kann.
Wir wünschen den beiden viel Freude im Amt der Milchhoheiten und alles Gute für ihre weitere Zukunft.
Sonja Hartwig-Kuhn