Tierwohllabel
Mit Tierwohllabeln will der Lebensmitteleinzelhandel den Verbrauchern helfen, das Mehr an Tierwohl auf einen Blick zu erkennen. Damit kommt einiges auf die Landwirte zu.
Mit Haltungsformstufen, QM+, DLG-Tierwohllabel, der Initiative Rind und dem Tierschutzlabel des deutschen Tierschutzbunds wurden verschiedene Label entwickelt. Im Laufe des ersten Quartals 2022 sollen diese im Handel zu finden sein.
Haltungsform
An dem vierstufigen Programm „Haltungsform“ beteiligen sich verschiedene Lebensmitteleinzelhändler. Nur Händler, die an der „Haltungsform“ teilnehmen, dürfen die Haltungsformstufen deklarieren. Aktuell gehören beispielsweise Aldi, Lidl, Netto, Edeka, Rewe und Kaufland dazu.
Haltungsform Stufe 1: Stallhaltung
Die Haltungsformstufe 1 erfüllt die aktuellen gesetzlichen Mindestanforderungen. Experten gehen davon aus, dass die Haltungsform 1 mittelfristig schwierig zu vermarkten sein wird oder größere Preisabschläge erfolgen. Der Handel wird die Haltungsform 1 nicht mehr akzeptieren.
Milchkühe
Platz: Laufstall mit Liegeboxen, Tier-Liegeplatz-Verhältnis: 1:1.
Haltung: möglichst Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung.
Schwein
Platz: mind. 0,75 m² pro Tier.
Beschäftigung: veränderbares Beschäftigungsmaterial, mind. bewegliche Kette kombiniert mit z. B. Holzstück.
Jungbullen, Ochsen, Färsen, Mastkälber
Platz: 1,5 m² – 2,2 m² (je nach Gewicht).
Haltung: Stallhaltung, möglichst Laufstallhaltung.

Haltungsform Stufe 2: StallhaltungPlus
Die Haltungsformstufe 2 wird aktuell im Wettbewerb diskutiert. Für bestimmte Regionen und kleine bäuerliche Strukturen ist diese Haltungsform sinnvoll, um die natürlichen Ressourcen zu nutzen.
Milchkühe
Platz: Tier-Liegeplatzverhältnis 1:1; über 350 kg mind. 4 m² pro Tier.
Haltung: Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung mit Weidegang (mind. 120 Tage à 2 Stunden) bzw. mit Laufhof oder Bewegungsbucht mit mind. 4,5m²/Tier. Die Bewegungsfläche muss aus mindestens 16 m² zusammenhängender Fläche bestehen.
Schwein
Platz: Mindestfläche 0,825 m²/Tier, mind. 10 % mehr als gesetzlich vorgeschrieben.
Beschäftigung: zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial aus natürlichen Materialien.
Jungbullen, Ochsen, Färsen, Mastkälber
Platz: 1,5 m² bis mind. 3 m² pro Tier je nach Gewicht.
Haltung: Laufstallhaltung, keine Anbindehaltung.
Haltungsform Stufe 3: Außenklima
Die Haltungsformstufe 3 verlangt neben einem größeren Platzangebot auch einen Außenklimareiz. Also mindestens eine nach außen offene Stallseite oder einen überdachten Außenbereich.
Milchvieh
Platz: Tier-Liegeplatzverhältnis 1:1; über 350 kg mind. 5 m² pro Tier.
Haltung: Laufstallhaltung mit ganzjährig nutzbarem Laufhof oder Laufstallhaltung mit Weidegang, keine Anbindung.
Schwein
Platz: mind. 40 % mehr als gesetzlich in Deutschland vorgeschrieben, 1,05 m²/Tier.
Haltung: Stallhaltung mit Außenklimareizen, mindestens Offenfrontstall.
Beschäftigung: organisches Beschäftigungsmaterial, zusätzlich Stroh.
Jungbullen, Ochsen, Färsen, Mastkälber
Platz: 1,5 m² – mind. 4 m² pro Tier, je nach Gewicht.
Haltung: Laufstallhaltung mit ganzjährig nutzbarem Laufhof (mind. 3 m²/Tier im Laufhof).
Haltungsform Stufe 4: Premium
Alle Bio-Standards sind der Haltungsformstufe 4 zugeordnet. Dies umfasst sowohl den EU-Biostandart als auch alle Bio-Anbauverbände (Naturland, Bioland, Demeter).
Milchkühe
Platz: Tier- Liegeplatzverhältnis 1:1; über 350 kg mind. 6 m² pro Tier.
Haltung: Laufstallhaltung mit ganzjährig nutzbarem Laufhof und Weidegang.
Schwein
Platz: mind. 1,5 m²/Tier und 100 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben.
Haltung: Stallhaltung mit ständigem Zugang zu Auslauf oder Freilandhaltung.
Beschäftigung: Organisches Beschäftigungsmaterial: Stroh oder vergleichbare Substrate müssen immer verfügbar sein.
Jungbullen, Ochsen, Färsen, Mastkälber
Platz: 1,5 m² – mind. 5 m² pro Tier je nach Gewicht.
Haltung: Auslauf und Weidegang während der gesamten Vegetationsperiode, keine Anbindung.
QM-Milch
Landwirtschaft, Molkereiwirtschaft und LEH haben gemeinsam das Tierwohlprogramm QM+ definiert. Der bisherige QM-Standard entspricht Haltungsform 1. Basierend auf diesem Standard wurden zusätzliche Tierwohl- und Tiergesundheitskriterien definiert. Mit dem neuen Label „QM+“ lässt sich Milch in Haltungsform 2 einteilen. Zu den neuen Kriterien zählen zum Beispiel der Verzicht auf ganzjährige Anbindehaltung, eine umfangreiche tierärztliche Bestandsbetreuung, die Teilnahme am Antibiotikamonitoring sowie am Schlachtbefunddatenprogramm. QM+-zertifizierte Betriebe erhalten einen Aufschlag in Höhe von 1,2 ct/kg. Der Zuschlag gilt allerdings nicht für die abgelieferte Menge, sondern für die vom Handel verkaufte Milchmenge. Weitere Zusatzmodule wie QM++, QM+++ und ein QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch werden aktuell erarbeitet.
DLG-Tierwohl-Label
Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hat im Austausch mit Landwirten, Molkereien und dem LEH ein Milch-Label entwickelt, dass sich an den Haltungsformstufen orientiert. „Basis“ steht für Haltungsstufe 1, „Bronze“, „Silber“ und „Gold“ für die Stufen 2 bis 4. Der Kriterienkatalog umfasst insgesamt 36 Kriterien, die je nach Stufe in unterschiedlichem Umfang erfüllt werden müssen. Diese verteilen sich auf fünf Kategorien: Haltungsumwelt, Tiergesundheit, Arzneimittelmonitoring, Futtermittel und Management. Es gibt acht K.O.-Kriterien, die die Basisanforderungen der Haltungsform darstellen.
Initiative Tierwohl (ITW)
Die Initiative Tierwohl ist ein Zusammenschluss von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Im Kennzeichnungssystem wird die Initiative Tierwohl der Haltungsformstufe 2 zugeordnet. ITW ist im Schweine- und Geflügelbereich bereits etabliert. Rund 34 % der in Deutschland erzeugten Schweine und 80 % der in Deutschland geschlachteten Hähnchen und Puten werden nach den Kriterien der Initiative Tierwohl (ITW) gehalten. Ab diesem Jahr wollen die Initiatoren der ITW Rind ein Programm anbieten, mit dem auch Rindfleisch in die Haltungsformstufe 2 eingeordnet werden kann. Grundvoraussetzung ist dabei die Teilnahme an QS oder QM. Die Kriterien wurden mit dem QM+-Standard abgestimmt. So können QM+-zertifizierte Betriebe ihre Schlachtkühe ohne zusätzliches Audit über das ITW-Programm vermarkten. Für Bullen wird es einen festgelegten Bonus geben, bei Schlachtkühen ist dieser nicht vorgesehen. Milcherzeuger, Bullen- und Kälbermäster können an der Initiative Tierwohl teilnehmen.
Tierschutzlabel Deutscher Tierschutzbund
Der Tierschutzbund hat für Rinder, Schweine und Geflügel ein zweistufiges Label für mehr Tierschutz rausgebracht: Einstiegsstufe und Premiumstufe. Die Tierschutzlabel entsprechen den Stufen 3 und 4 der Haltungsform. Die Vorgaben der Einstiegsstufe sorgen dafür, dass die Tiere mehr Platz als auch Beschäftigung haben und Klimazonen vorfinden. Beispiele für die Premiumstufe sind Auslauf ins Freie, Weidegang und mindestens doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben.
Lohnt sich die Teilnahme?
Das hängt davon ab, welche Maßnahmen der Betrieb schon jetzt umsetzt. Je mehr Maßnahmen mit einem neuen Label dazu kommen, desto höher wird der Aufwand für den Betrieb. Wer weiterhin mit der Tierhaltung Geld verdienen möchte, wird um Anpassungen nicht herumkommen. Es ist davon auszugehen, dass der LEH früher oder später die Anforderungen der Label als neuen Standard ansetzt. Landwirte sollten bedenken, dass ein Stallumbau nicht nur Zeit, Geld und Nerven kostet, sondern auch positive Aspekte bringt. Schließlich rüsten sich Betriebe mit einem Umbau für die Zukunft. Die Rinder und Schweine werden das Mehr an Tierwohl schätzen.
Martina Leißner
Weitere Infos
Haltungsform:
QM-Milch:
DLG-Tierwohl-Label:
Initiative Tierwohl:
Tierschutzlabel Deutscher Tierschutzbund:
Bitte beachten Sie die laufenden Anpassungen.