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Schritt für Schritt zum Ringelschwanz

Schritt für Schritt zum Ringelschwanz

Die wenigsten Schweine dürfen ihren Ringelschwanz behalten. Das LGL listet Maßnahmen auf, mit denen das Halten von Ringelschwanzschweinen möglich ist.

Ziel ist der unversehrte Ringelschwanz.

Den Einstieg in die Ringelschwanzhaltung wagen

Seitdem auf der Agrarministerkonferenz 2018 der „Nationale Aktionsplan Kupierverzicht“ (NAK) ins Leben gerufen wurde, begleitet er Schweinehalter und wird teilweise sehr kontrovers diskutiert. Ziel ist es, die Haltungsbedingungen an die natürlichen Bedürfnisse von Schweinen anzupassen und somit das Risiko von Schwanz- und Ohrenbeißen zu reduzieren. Vor allem durch die momentan angespannte Marktlage scheint es vielen Tierhaltern jedoch unmöglich, in die Verbesserung der Haltungsbedingungen zu investieren. Eins ist allerdings gewiss: Will man seinen Betrieb zukunftsfähig machen, ist es an der Zeit, sich mit dem Thema „Optimierungsmaßnahmen“ ernsthaft auseinander zu setzen. Wer den Einstieg in den Kupierverzicht mit einer Kontrollgruppe wagt macht sich Schritt für Schritt auf den Weg zum Ringelschwanz. Die Tiere der Kontrollgruppe sollten immer zusammen aufgestallt werden, kupierte Tiere sind extra aufzustallen. So kann der Prozess der Haltungsoptimierung besser nachvollzogen werden. Im nächsten Schritt ist die Anzahl der Kontrolltiere und Kontrollbuchten zu erhöhen.

Optimierungsmaßnahmen in der Schweinehaltung umsetzen

Eine Evaluierung des NAK in Bayern ergab, dass bisher nur wenige Landwirte in den Kupierverzicht eingestiegen sind. Optimierungsmaßnahmen wurden selten oder nur unzureichend umgesetzt. Schweinehalter äußern oft Bedenken, dass akutes Schwanzbeißen trotz Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen nicht verhindert werden kann. Ferkelerzeuger und Mäster müssen sich bei Rückschlägen fragen:  sind die getroffenen Optimierungsmaßnahmen wirklich so gestaltet, dass das einzelne Schwein davon profitieren? Und sind Optimierungsmaßnahmen ohne erheblichen finanziellen Aufwand überhaupt möglich?

Natürliche Verhaltensweisen von Schweinen fördern

Experten für das Tierverhalten bezeichnen das Beißen des Schwanzes und/oder anderer Körperteile der Buchtengenossen als Verhaltensstörung. Um einer Verhaltensstörung entgegenzuwirken, müssen Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen so weit wie möglich ausüben können. Das ist auch ein Gebot des Tierschutzes, der in der Gesellschaft immer wichtiger wird.

Wenn Schweine die Möglichkeit dazu haben, wühlen, kauen und erkunden sie 75 Prozent des Tages mit vollem körperlichen und sensorischen Einsatz ihre Umwelt. Dieses Verhalten ist wesentlich für die Beschäftigung und die Tiergesundheit. Das Angebot eines „Wühlareals“ auf planbefestigten, spaltenfreien Böden ist also die beste Art Beschäftigungsmaterial anzubieten. Eine ausreichende Mengen an essentiellen Aminosäuren über(tierische) Proteinquellen und ausreichend Raufutter in sehr guter Qualität sind für das Wohl der Schweine zwingend nötig.

Raufuttergabe über eine Heuraufe. Noch besser wäre ein Wühlareal. Foto: LGL

Wasserversorgung und Temperatur für Schweine optimieren

Schweine sind „Saugtrinker“ und bevorzugen die Aufnahme von wohlschmeckendem, sauberem Wasser aus bodennahen, offenen Wasseroberflächen. Offene Schalentränken, welche ein Tier bestenfalls gemeinsam mit Artgenossen nutzen kann, sind eine artgerechte Art der Wassergabe. Daher sind sie gegenüber Nippeltränken zu bevorzugen. Die räumlich sinnvolle Anbringung von ausreichend (funktionierenden) Tränken sowie das rechtzeitige Erlernen eines Tränkesystems im Saugferkelalter spielen eine wichtige Rolle. Laut Studien sind bis zu 30 Prozent der Schweine jeden Alters nur unzureichend mit Wasser versorgt, was direkte Auswirkungen auf die Tiergesundheit hat und zu Leiden führt. Schweine können nicht schwitzen. Daher suchen sie bereits ab einer Umgebungstemperatur von 18 Grad Celsius eine Möglichkeit, sich zu suhlen beziehungsweise ihre Temperatur über kühlende Böden zu regulieren. Länder die bereits seit Jahren auf das Kupieren verzichten müssen, setzen vermehrt auf Wühlareale zur Beschäftigung. Zudem weisen die Ställe eine viel niedrigere Grundtemperatur als in Deutschland auf. Es wird auf verschiedene Klimazonen mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten gesetzt. In Deutschland gelten immer noch Temperaturen zwischen 16 bis 20 Grad Celsius in der Endmast als Optimum.

Im Schweinestall Buchtenstrukturen schaffen und Schadgase reduzieren

Schweine sind reinliche Tiere und unterteilen sich ihren Lebensbereich in klare Funktionsbereiche, an die sie verschiedene Ansprüche stellen. Je nach Umgebungstemperatur bevorzugen sie zum Beispiel eine weiche Oberfläche, dunkle und trockene Bereichen. Von Schadgasen und Zugluft halten sie sich fern. Um einen Ruhebereich dunkler zu gestalten, kann beispielweise ein Brett, hinter einem Deckenlicht im Ruhebereich angebracht werden. So lässt sich ohne viel Aufwand kostengünstig eine Optimierungsmaßnahme umsetzen. Kot und Harn werden gern in Bereichen abgesetzt, die sich aufgrund der „ungemütlichen“ Umgebung für keinen anderen Funktionsbereich eignen und weit vom Ruhebereich und Fressbereich entfernt sind. Ein Kotbereich, der hell, zugig und feucht gestaltet ist, wird gut von den Tieren angenommen. Da Schweine ihr Revier mit Kot-und Harnabsatz markieren, kann ein sogenanntes „Kontaktgitter“ zum Nachbarabteil ein effektives Hilfsmittel zur Festlegung eines Kot-und Harnbereichs sein. Wenn die Tiere einen Kot- und Harnbereich anlegen könnten, bleibt in der Regel auch der Rest der Bucht sauber.

Schweine leben natürlicherweise in Gruppen von ca. 20 bis 30 Tieren und üben gern alle Aktivitäten gemeinsam aus. Ein ausreichendes Angebot von Liegeflächen, Beschäftigungsplätzen, Futterplätzen (bestenfalls 1:1 und „ad libitum“) und Tränken ist also Voraussetzung für ein artgerechtes und damit stressfreies Zusammenleben. Daher ist es von Vorteil, mehrere Buchten durch Öffnung der Hälfte der Buchtentrennwände zusammenzulegen. So lassen sich einerseits mehr Grundfläche, andererseits aber auch Sichtschutzwände als Rückzugsmöglichkeit bei Rangstreitigkeiten schaffen. Außerdem entstehen Räume für verschiedene Funktionsbereiche, wie Ruhebereiche, Wühlareal und Kot- und Harnbereiche. Abschließend muss bedacht werden, dass die Grenzwerte für Schadgase, insbesondere Ammoniak, zu keinem Zeitpunkt überschritten werden sollten. Bereits unterhalb der Grenzwerte kann die Tiergesundheit beeinträchtig werden.

Abbildung einer beispielhaften Buchtenstruktur. Foto: LGL

Sauenhaltung optimieren und Hochleistungsgenetik überdenken

Bei der Reproduktion moderner Sauen wurde züchterisch lange Zeit auf sehr hohe Wurfgrößen selektiert. Dies hat nicht nur direkte Auswirkungen auf die Tiergesundheit von Sau und Ferkel, sondern führt auch zu erhöhtem Wettbewerb unter den Ferkeln. Erhöhter Wettbewerb im Ferkelalter bedingt später eine verminderte Stressresistenz und damit ein erhöhtes Risiko für Schwanzbeißen. Um hier entgegenzuwirken, müssen Tierhalter viel Wert auf gutes Management im Geburtszeitraum und im Saugferkelalter legen. Der Einsatz von Hochleistungsgenetik sollte überdacht werden. Außerdem ist bekannt, dass Sauen während der Tragezeit, Abferkelung und Säugezeit einen erhöhten Bedarf an einwandfreiem Wasser und Raufutter haben. Der Nestbautrieb von Sauen wird häufig unterschätzt. Den Sauen muss die Möglichkeit geboten werden, die Bewegungen des Nestbauens durchzuführen. Hier eignet sich ein Jutesackes im Abferkelbereich. Werden die Bedürfnisse der Sauen nach Wasser, Raufutter, Bewegung und Nestbauverhalten nicht erfüllt, erhöht sich die Gefahr zu Mastitis-Metritis-Agalaktie (MMA) und dem Entzündungs- und Nekrosesyndrom (SINS). In Folge kann es zu einem erhöhten Schwanz- und Ohrenbeißrisiko bei den Ferkeln kommen.

Bereits bei der Sauenhaltung beginnt die Vorsorge gegen das Schwanz- und Ohrenbeißen. Foto: LGL

Das LGL steht Ihnen gern zur Seite

Insgesamt gibt es eine Vielzahl kostengünstiger und einfach umzusetzender Maßnahmen, die es ermöglichen das Ziel „Ringelschwanz“ zu erreichen. Die Fachstelle Aktionsplan Kupierverzicht in Bayern freut sich Ihnen bei Fragen zur Verfügung zu stehen. Sie erreichen uns unter aktionsplan@lgl.bayern.de sowie 09131/ 6808-5678

Weitere Informationen zum Aktionsplan Kupierverzicht finden Sie hier: www.aktionsplankupierverzicht.bayern.de

Julia Haydn, LGL

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