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Mehr Weidegang – mehr Parasiten

MEhr Weidegang – mehr Parasiten

Die Weidehaltung leistet einen erheblichen Beitrag zum Tierwohl. Das Risiko eines Befalls mit Parasiten ist allerdings gegenüber der Stallhaltung massiv erhöht. Der Weideabtrieb im Herbst ist ein guter Zeitpunkt, um das Parasitenmanagement des Sommers kritisch zu hinterfragen, ggf. strategische Winterbehandlungen durchzuführen und für die nächste Saison zu planen.

Wiederkäuer sind die effizientesten Transformer nicht-essbarer Biomasse, bei konstanten Tierzahlen = konstanter Methanemmission kommt es zu einem Gleichgewicht der Methankonzentration.

Um die Befallsstärken mit den wichtigsten Weideparasiten zu erfassen und den Tierhaltern eine fundierte Beratung zum Parasitenmanagement bieten zu können, führen Tierärzte des TGD Bayern seit mehreren Jahren ein Parasitenmonitoring bei einer wachsenden Zahl an Betrieben mit Weidehaltung (meist Kurzrasenweide) durch. Im Rahmen eines Projekts werden dreimal während der Weidesaison Kotproben von Jungrindern und Kühen auf das Vorkommen von Magen-Darm-Würmern (MDW), Leberegel (LE), Pansenegel (PE), und Lungenwürmern (LW) untersucht. Für den Landwirt ist es wichtig, die Eigenheiten der wichtigsten Weideparasiten unserer Rinder gut zu kennen.

Magen-Darm-Würmer (MDW)

MDW können in allen Betrieben mit Weidehaltung und in allen Altersgruppen nachgewiesen werden. Mit zunehmendem Alter der Rinder nimmt die Immunität zu, so dass die Befallsstärke und das Risiko klinisch zu erkranken immer geringer werden. Kälber und Jungrinder in der ersten Weidesaison sind am stärksten gefährdet, was die Nachweisraten (Abbildung 1) untermauern. Die Tiere nehmen nach Austrieb im Frühjahr die überwinterten infektiösen Larven auf. Innerhalb von etwa drei Wochen entwickeln sich diese zu erwachsenen Würmern, die ihrerseits wieder Eier produzieren, die mit dem Kot ausgeschieden werden. Im Kuhfladen entwickeln sich je nach Temperatur innerhalb von einer bis drei Wochen aus den Eiern infektiöse Larven.

Abbildung 1: Entwicklung der Nachweisraten von Magen-Darmwürmern im Parasitenmonitoring 2011 bis 2021 (TDG)

Wird nichts unternommen, nimmt die Kontamination der Weide immer weiter zu, so dass es ab etwa zwei Monaten nach Austrieb zu klinischen Erkrankungen kommen kann. Diese gehen einher mit Durchfall und Konditionsverlust. Bei zweitsömmrigen Rindern und Kühen kommt es bei starkem Befall unter Umständen zu Leistungseinbußen ohne klinische Erkrankung. Diese Tiere sollten daher auch ins Monitoring einbezogen und ggf. behandelt werden.

Weiden werden im Frühjahr sicherer – Mahd reduziert Kontamination

Die infektiösen Larven stellen bei niedrigen Temperaturen ihren Stoffwechsel ein, so dass sie leicht überwintern können. Im Frühjahr werden sie wieder aktiv und verbrauchen ihre Energiereserven. Daher sterben mit fortschreitendem Frühjahrs immer mehr Larven ab und die Weiden werden sicherer, solange sie nicht beweidet werden. Auch eine Mahd hilft dabei die Kontamination zu verringern.

Resistente Parasiten werden zunehmend zum Problem

Resistenzen von Parasiten gegen Entwurmungsmittel werden in der Rinder- und Schafhaltung weltweit zunehmend zum Problem. Ziel der Parasitenkontrolle von Weiden muss eine möglichst niedrige Parasitenbürde sein, um Erkrankungen und wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Entwurmungsmittel sollten nur eingesetzt werden, wenn sie nötig sind und ihr Einsatz nicht durch Managementfaktoren ersetzt werden kann.

Auch die Anwendung von Langzeit-Boli oder die wiederholte Anwendung von Langzeit-Entwurmungsmitteln ist auf das allernötigste zu beschränken. Es ist nicht sinnvoll zu versuchen, Kälber und Jungrinder völlig parasitenfrei zu halten, da sie dann keine Immunität ausbilden.

Abbildung 2: Sichere Weide – unsichere Weide (gilt nur in Bezug auf MDW)
Parasiten-Monitoring und bedarfsgerechte Entwurmung

Parasiten-Monitoring und bedarfsgerechte Entwurmung sind der beste Weg. Parasitenmonitoring beinhaltet die Untersuchung von Einzel- oder Sammelkotproben und die Beurteilung von Allgemeinbefinden und Entwicklungs-/ Ernährungszustand der Tiere.

Der beste Zeitpunkt der Probennahme richtet sich nach dem Sicherheitsgrad der Weide (siehe Abbildung 2), auf die die Tiere ausgetrieben werden. Bei kontaminierten Weiden ist dies bereits nach vier Wochen sinnvoll, bei sicheren Weiden sollte nach ca. zwei Monaten begonnen werden.

Anhand der durchschnittlichen Anzahl der Wurmeier pro Gramm Kot (EPG) kann der Befall der Gruppe abgeschätzt werden. Ab einer EPG von mehr als 100 sollte eine Behandlung in Erwägung gezogen werden. Hierbei ist es oft weder nötig noch wünschenswert, alle Tiere der Gruppe zu behandeln. Werden Tiere, die weder klinische Erscheinungen noch Leistungseinbußen zeigen, nicht behandelt, kann dadurch der Selektionsdruck auf Resistenzen gegen Entwurmungsmittel vermindert werden. Je nach Weidemanagement wird mindestens noch eine Probennahme während der Weideperiode sowie eine Aufstallungsuntersuchung empfohlen.

Lungenwürmer (LW)

LW sind weniger berechenbar als MDW, daher sind die Nachweise schwankend, aber insgesamt selten (Abbildung 3). Im Gegensatz zu infektiösen MDW-Larven überwintern LW-Larven in unserem Klima in aller Regel nicht in großer Zahl auf der Weide, sondern in älteren Jungrindern und Kühen. Im Sommer sterben die Larven auf der Weide bereits nach ca. zwei Wochen ab. Das heißt, Kälber infizieren sich, wenn sie Weiden kurz nach älteren Rindern beweiden. Beim LW entwickelt sich die nächste Generation innerhalb von ca. vier Wochen bereits im Wirt zur ersten Larve. Nach Weiterentwicklung innerhalb von etwa einer Woche werden die infektiösen Larven mit Hilfe eines Pilzes sehr effektiv über die Weide verteilt.

Abbildung 3: Entwicklung der Nachweisraten von Lungenwürmern im Parasitenmonitoring 2011 bis 2021 (TGD)
Abbildung 4: Massiver Lungenwurmbefall kann unbehandelt rasch zum Verenden der Rinder führen. Foto: TDG
Rasches Handeln bei Befall!

Der Verdacht auf eine LW-Erkrankung ergibt sich aus den typischen Krankheitserscheinungen (von leichtem Husten bis zu schwerer Atemnot) in der Regel in der zweiten Hälfte der Weideperiode. Die Diagnose kann durch Kotuntersuchungen gesichert werden. Die meisten Entwurmungsmittel, die gegen MDW eingesetzt werden, wirken auch gegen LW. Treten erste klinische Erscheinungen in einer Gruppe auf, sollte rasch behandelt werden, da schwerer LW-Befall auch den Weg zu schweren Lungenentzündungen ebnen kann (Abbildung 4).

Gegen LW wird eine Immunität ausgebildet. Bei zweitsömmrigen Rindern und Kühen können LW aber klinische Erscheinungen auslösen, wenn diese in der vorhergehenden Weideperiode keine Gelegenheit hatten, eine Immunität aufzubauen oder wenn eine bestehende Immunität durch massive Reinfektion überwunden wird.

Leberegel (LE)

Im Gegensatz zu MDW und LW benötigt der Große Leberegel für seine Entwicklung neben dem Rind die Zwergschlammschnecke als Zwischenwirt. Da diese Schnecke an langsam fließenden Gewässern und anderen Feuchtstellen lebt, kommt auch der LE überwiegend auf feuchten Weiden vor. Die Befallsstärke kann witterungsabhängig schwanken.

Die Entwicklung des Leberegels

Weidende Rinder nehmen die infektiösen LE-Larven mit dem Gras auf. Im Dünndarm durchbohren die Larven die Darmwand, durchwandern das Bauchfell und bohren sich in die Leber. Die Jungegel fressen sich sechs bis acht Wochen durch das Lebergewebe bis sie die Gallengänge besiedeln und sich dort zu erwachsenen LE entwickeln. Von Aufnahme der Larvenzysten bis zum Beginn der Eiablage vergehen zehn bis zwölf Wochen. Die Entwicklung vom Ei bis zur nächsten Generation infektiöser Larven außerhalb des Endwirts dauert dann fünf bis sieben Wochen.

Abbildung 5: Entwicklung der Nachweisraten von Leberegeln im Parasitenmonitoring 2011 bis 2021 (TGD)
Abbildung 6: Oft wird ein Leberegelbefall im Bestand über Schlachtbefunde entdeckt. Foto: TGD
Rinder entwickeln keine Immunität gegen Leberegel! 

Gegen LE entwickeln Rinder keine Immunität, das heißt sie können immer wieder befallen werden. Das erklärt, weshalb die Nachweisraten bei Kühen höher sind als bei Kalbinnen (Abbildung 5). Die Erkrankung verläuft beim Rind in aller Regel chronisch ab Ende der Weideperiode über den Winter und geht mit recht unspezifischem Gewichts- und Leistungsverlust einher.

Die Diagnose von Leberegel

Eine sichere Diagnose kann durch den Schlachtbefund der Leber gestellt werden (Abbildung 6). Bei Verdacht auf ein Bestandsproblem bietet sich eine Tankmilchuntersuchung an. Ist der Test positiv, können einzelne Tiergruppen über Kotproben untersucht werden. Die Eiausscheidung ist im Herbst/ Winter am stärksten. Allerdings werden die Eier nicht kontinuierlich ausgeschieden, so dass mindestens fünf Tiere einer Gruppe getestet werden sollten. Ein positiver Befund ist Beleg für die Infektion der ganzen Gruppe.

Behandlung und Prävention

Neben der medikamenttösen Therapie sind bei der Bekämpfung des LE vor allem weidehygienische Maßnahmen entscheidend. Soweit möglich, sollten Feuchtstellen mit guten Lebensbedingungen für die Zwergschlammschnecke großzügig ausgezäunt, bzw. Weiden, die derartige Stellen enthalten nur für die Silagegewinnung genutzt werden. Auch eine Silierung des ersten Schnitts im Frühjahr hilft die Kontamination zu vermindern. Unter Viehtränken sollten  sich keine schlammigen Feuchtflächen bilden können.

Um im Frühjahr eine Kontamination von gefährdeten Weiden zu vermeiden, wird eine strategische Entlastungsbehandlung im Winter empfohlen. Dies kann zu Beginn der Stallperiode erfolgen, falls Präparate verwendet werden, die alle Altersstufen des Leberegels abtöten. Derartige Präparate sind momentan allerdings nur bei Jungrindern, Kalbinnen bis sechs Wochen vor dem Abkalben und Milchkühen am Beginn der Trockenstehzeit zugelassen (dies gilt auch für Biobetriebe). Präparate, die nur erwachsene Leberegel abtöten, sollten gegen Ende der Stallhaltung angewandt werden. 

Pansenegel (PE)

Auffällig ist der deutliche Anstieg des PE-Nachweises bei Kühen in den vergangenen Jahren (Abbildung 7). Auch der Anteil der betroffenen Betriebe hat sich von 20 % in 2021 auf 25 % in 2022 erhöht. Zu Beginn der Untersuchung auf Pansenegelbefall im Jahr 2015 waren es nur 7 % der Betriebe.

PE (Abbildung 8) wurden historisch in Bayern als klinisch unbedeutend eingestuft. Aus anderen europäischen Ländern (Irland, Großbritannien, Frankreich) häufen sich in den letzten Jahren die Meldungen über eine vermehrte Ausbreitung. Teilweise wird auch von klinischen Erkrankungen berichtet. Es scheint so, als würde diese Entwicklung auch in Bayern stattfinden, ohne dass die Ursache bislang geklärt ist.

Abbildung 7: Entwicklung der Nachweisraten von Pansenegeln im Parasitenmonitoring 2015 bis 2021 (TGD)
Abbildung 8: Pansenegelbefall im Sektionsbefund Foto: Animal Health Ireland
Maßnahmen gegen Leberegel ebenfalls hilfreich gegen Pansenegel

Man geht davon aus, dass der bei uns vorkommende PE Calicophoron daubneyi ist. Im Gegensatz zu anderen Gattungen hat dieser den gleichen Zwischenwirt wie der LE. Bei weidehygienischen Maßnahmen gegen den LE wird also auch der PE bekämpft. In der Mehrzahl (77 %) der Betriebe mit PE-Nachweis wurde auch ein LE-Befall diagnostiziert. Umgekehrt wurden allerdings (noch) in weniger als der Hälfte der Betriebe (46 %) mit LE-Befall auch PE nachgewiesen.

Symptome bei Pansenegelbefall

Bei massivem Befall können die im Dünndarm lebenden PE-Larven schwere mit Durchfall einhergehende klinische Erkrankungen hervorrufen. In Bayern sind bisher Betriebe mit PE-Befall allenfalls durch verminderte Leistung und Konditionsverlust aufgefallen. In derartigen Fällen ist es schwierig, andere Gründe für die Leistungsminderung auszuschließen. In keinem der teilnehmenden Betriebe mit Nachweis von PE gab es Hinweise, dass sie Ursache von klinischen Erscheinungen waren.

Dr. Ingrid Lorenz

Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.

Der TGD Bayern unterstützt Sie beim Parasitenmonitoring

Eine parasitenfreie Weidehaltung ist weder anzustreben, noch wird es sie je geben. Allerdings zeigen die erhobenen Daten, dass es möglich ist, durch Monitoring und gezieltes Management den Befall deutlich zu reduzieren. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Rindergesundheitsdienst in Grub (089/9091260) oder an Ihre regionale TGD Geschäftsstelle.

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