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Kupierverzicht beim Ferkel: Wärmebildkameras als Beratungstool beim LKV Bayern

Kupierverzicht beim Ferkel:

Wärmebildkameras als Beratungstool beim LKV Bayern

Wohl jeder kennt die „hübschen bunten Bilder“ einer Wärmebildkamera. Aber wie können diese Bilder richtig interpretiert werden und wie kann die Thermografie beim Thema Kupierverzicht beim Ferkel weiterhelfen?

Sabine Rudin, Tierärztin und Leiterin der LKV-Stabstelle Tierwohl/ Tiergesundheit unterstützt Landwirte bei der Umsetzung des Kupierverzichts.
Fortbildung Langschwanz und Thermografie

Im September 2023 hat sich eine Gruppe LKV-Ringberater im Rahmen einer Schulung am Staatsgut in Schwarzenau intensiv mit dieser Frage auseinandergesetzt. In Zusammenarbeit mit dem Projekt Fokus Tierwohl haben wir eine zweitägige Weiterbildung organisiert, bei der sich alles um das Thema Langschwanz und Thermografie drehte.

Die grundsätzlichen Schwierigkeiten, die sich bei der Haltung von unkupierten Schweinen in der Praxis ergeben können, sind bekannt. Schwanzbeißen ist eine weit verbreitete Verhaltensstörung bei Schweinen, die alle Produktionsrichtungen und Haltungssysteme betreffen kann. Die Ursachen sind dabei sehr vielfältig (multifaktoriell). Daher ist hier eine betriebsindividuelle Beratung unabdingbar. Denn leider gibt es keine Standart-Lösung, die für alle funktioniert.

Betriebsindividueller Rundumblick statt Standardlösung

Es müssen alle Faktoren und Bereiche, die hier eine Rolle spielen können, durchgecheckt werden. Das reicht von der Tiergesundheit über Fütterung und Wasserversorgung sowie Buchtenstruktur und Beschäftigung bis hin zum Stallklima und der Tierbeobachtung. In vielen dieser Bereiche bietet der Einsatz einer Wärmebildkamera entscheidende Vorteile.

Wärmebildkamera im Einsatz im Abferkelbereich
Brennpunkt Körpertemperatur

Im Bereich Tiergesundheit ist es bei korrektem Einsatz der Kamera möglich, Tiere mit erhöhter Körpertemperatur bis hin zu Fieber ausfindig zu machen. Damit werden frühzeitig Tiere erkannt, deren Thermoregulationsmöglichkeiten erschöpft sind. Das kann durch ein zu warmes Stallklima, ungenügende Kühlmöglichkeiten sowie Infektionen oder Erkrankungen mit beginnendem Fieber oder Entzündungen hervorgerufen werden. Sind die Thermoregulationsmechanismen dieser Tiere ausgereizt, überhitzen die Tiere. Dies ist oft der Anfang eines Teufelskreises, der mit Entzündungen und Nekrosen der Schwanzspitzen, Ohrränder oder Klauen enden kann.

Mit Hilfe der Wärmebildkamera können ebenso lokale Entzündungsherde, z.B. an Gesäuge, Kronsaum der Klaue oder der Schwanzbasis frühzeitig entdeckt werden. Gerade Entzündungen der Schwanzbasis sind oft die erste Ursache, die zu Schwanzbeißen führen kann.

Faktor Wasserversorgung

Auch bei der Wasserversorgung deckt die Wärmebildkamera schnell und unkompliziert Probleme auf. Ungenutzte (und damit warme) Wasserleitungen oder Tränkebecken werden identifiziert. Nun ist es Aufgabe von LKV-Ringberater und Landwirt, mögliche Ursachen zu suchen und zu beheben. Ziel ist die bestmögliche Wasserversorgung aller Tiere.

lauer Pfeil: Wasserleitung der linken Bucht ist kalt und wird genutzt; Roter Pfeil: Wasserleitung der rechten Bucht ist warm und wird offensichtlich nicht genutzt.
Faktor Stallklima

Bei der Überwachung des Stallklimas sind Wärmebildkameras schon seit längerem im Einsatz und helfen z.B. beim Aufspüren von Kaltluftbrücken oder defekten Wärmeplatten im Abferkelbereich. Zusätzlich können beispielsweise anhand der Wärmeabdrücke der liegenden Schweine auf dem Spaltenboden Rückschlüsse über zu warme Temperaturen gezogen werden.

Nur hochwertige Kameras liefern hilfreiche Bilder

Um all diese Möglichkeiten der Thermografie nutzen zu können, braucht es zwei Dinge: eine hochwertige, den Anforderungen entsprechende Wärmebildkamera und das Wissen, wie die erzeugten Bilder zu interpretieren sind. Günstige Modelle oder Aufsätze für das Smartphone sind oft in der Auflösung bzw. Sensorqualität und Größe und damit Reichweite der Kameras ungenügend. Diese Kamera misst nicht die Temperatur eines Objekts, sondern berechnet die Oberflächentemperatur anhand der abgegebenen Infrarotstrahlung des Objekts. Dabei können viele Faktoren das Messergebnis verfälschen (Reflexionen, Distanz zum Objekt, Umgebungstemperatur, Staub, Luftfeuchtigkeit, Bewegung etc.).

Wärmeabdrücke von Schweinen auf Spaltenboden, die nach Abkühlung suchen. Bild: Lechner
Ringelschwanz-Experten bieten Unterstützung

Die korrekte Handhabung der hochwertigen Technik ist sehr wichtig. Im Rahmen der Weiterbildung am Staatsgut in Schwarzenau hatten die LKV-Ringberater Gelegenheit, mit den Kameras im Stall zu arbeiten und sich mit dem Umgang vertraut zu machen. Darüber hinaus lernten sie, die Bilder richtig zu interpretieren und wichtige Details zu berücksichtigen.

Nun können Sie unsere „Ringelschwanz-Experten“ bestmöglich bei Problemen zum Thema Kupierverzicht unterstützen. Fragen Sie einfach bei Ihrem LKV-Ringberater oder in der LKV Zentrale bei Sabine Rudin unter sabine.rudin@lkv.bayern.de bzw. 089/ 544 348 – 948 nach!

Außerdem finden Sie viele weitere Informationen und Unterstützung auf der Website des Wissensnetzwerk Kupierverzicht www.ringelschwanz.info . Hier gibt es neben einer E-Learning-Plattform und einer Notfallhilfe im Ernstfall auch ganz neu ein Forum zum Austausch zwischen Praktikern rund um das Thema.

 

Sabine Rudin

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