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Fitnesstracking für die Kuh – Gesundheitsdaten erfassen, Tierwohl sichern

Fitnesstracking für die Kuh – Gesundheitsdaten erfassen, Tierwohl sichern

Über eine Schnittstelle können Klauenpfleger Befunde in Pro Gesund einspeisen Foto: J. G.

Gute Fitness und Gesundheit sind Voraussetzung für langlebige und leistungsbereite Kühe. Professionelle Datenerfassung und –analyse sind dabei unerlässlich. Johanna Götz vom Versuchs- und Bildungszentrum Staatsgut Achselschwang nutzt dazu das Gesundheitsmonitoring Pro Gesund.

Johanna Götz ist Fachlehrerin für Tierhaltung am Versuchs- und Bildungszentrum Staatsgut Achselschwang. Dort werden Auszubildende der Landwirtschaft, der ländlichen Hauswirtschaft sowie Teilnehmer von BILA-Kursen praktisch in der Tierhaltung ausgebildet. Außerdem finden verschiedene Weiterbildungen im Bereich Milchviehhaltung für verschiedene Zielgruppen und Themen statt.

Johanna Götz: „Pro Gesund stellt den gesundheitlichen Lebenslauf eines Tieres dar.“

Die Tiergesundheit im Blick mit Pro Gesund

Darüber hinaus ist Frau Götz verantwortlich für die Tiergesundheit auf dem Staatsgut. Dazu setzt die Fachberaterin auf die Erfassung und Analyse von gesundheitsrelevanten Daten mit dem Gesundheitsmonitoring Pro Gesund im LKV-Herdenmanager. So hat sie einen guten Überblick über den aktuellen Gesundheitsstatus, die Entwicklung der Gesundheitsparameter einzelner Kühe und der gesamten Herde über die Zeit.

Umfassendes Gesundheitsmonitoring

Pro Gesund ermöglicht Landwirten und Tierärzten die Eingabe von Diagnosen und Befunden aus verschiedenen Bereichen der Gesundheit von Kühen und Kälbern. Um Informationen zur Tiergesundheit möglichst umfassend abbilden zu können, wird Pro Gesund um Schnittstellen zu wichtigen Informationsübermittlern erweitert. Bei Zustimmung durch den Tierhalter können folgende Informationen an Pro Gesund übertragen werden:

Pro Gesund - Umfassende Dokumentation von Gesundheitsinformationen von Kühen und Kälbern
  • Bakteriologische Untersuchungsergebnisse aus Milchproben (TGD)
  • Fruchtbarkeitsbefunde von Besamungstechnikern (Besamungsstation BVN, Besamungsstation Marktredwitz/ Wölsau in Entwicklung)
  • Klauenbefunde von Klauenpflegern, die das Programm KLAUE (dsp Agrosoft) oder das Klauenpflegeprogramm des Höchstädter Klauenpflegedienst nutzen
  • Schlachthofbefunde (Fleischprüfring/ Qualifood)

Vor der offiziellen Einführung des Pro Gesund Klauenmoduls im LKV-Herdenmanager war das Staatsgut Achselschwang bereits Testbetrieb. Im Interview mit Johanna Götz sprechen wir mit der Expertin für Tiergesundheit über ein professionelles Gesundheitsmanagement im Allgemeinen und die Bedeutung der Klauengesundheit im Besonderen.

Johanna Götz, Versuchs- und Bildungszentrum Staatsgut Achselschwang. Foto: J. G.

Frau Götz, was gehört für Sie zu einem professionellen Gesundheitsmonitoring?

Es reicht nicht aus, Gesundheitsdaten zu erfassen, auch die Analyse ist wichtig. Standardmäßig dokumentieren wir die Fress-, Wiederkau- und Aktivitätszeiten der Kühe. Darüber hinaus sind die Daten der Milchleistungsprüfung sowie die Gesundheitsdaten im „Lebenslauf“ ein unverzichtbares Werkzeug für das Herdenmanagement. Diese Entwicklungen sind oft maßgeblich für unsere Zuchtentscheidungen. Allem voran sind sie für mich aber wesentlich, um den Gesundheitsstatus der Tiere zu verfolgen. Bei jeder Entscheidung steht für mich das Wohl der Tiere an erster Stelle.

Auf welche Faktoren blicken Sie im Stall?

Ich nehme mir die Zeit, unsere Tiere und deren Verhalten zu beobachten. Oft kommt es in der Praxis viel zu kurz, die eigenen Gegebenheiten zu durchdenken. Ausreichend Futter und Wasser in hoher Qualität sind natürlich Grundvoraussetzung in der Tierhaltung. Oft erkennt man bereits an der Gruppenperformance, ob Liegeboxen und Laufflächen gut gestaltet sind. Ein weiterer für mich ausschlaggebender Faktor ist die Sauberkeit der Tiere, die ich gerne im Fressbereich oder im Melkstand kontrolliere.

Welche Kennzahlen aus der MLP nehmen Sie genau unter die Lupe?

Nachdem das Probemelken im LKV Herdenmanager veröffentlicht ist, kontrolliere ich zunächst die Zellzahlen auf Einzeltierebene. Eutergesundheit ist die Basis für eine gute und qualitativ hochwertige Milchproduktion. Erkrankungen möchte ich so früh wie möglich erkennen. Auch den FettEiweißQuotienten nutze ich gerne als Kennzahl für den Stoffwechselstatus der Tiere.

Wie nutzen Sie das Gesundheitsmonitoring Pro Gesund? Haben Sie der Nutzung aller Ihnen zur Verfügung stehenden Schnittstellen zugestimmt?

Pro Gesund stellt den gesundheitlichen Lebenslauf eines Tieres dar. Tiere können mit einem Blick in behandlungswürdig oder therapieresistent eingeordnet werden. Man kann die Entwicklung der Mastitissituation über einen längeren Zeitraum einsehen. Auch Fruchtbarkeitskennzahlen oder die Entwicklung der Kälbersterblichkeit können verfolgt werden. Natürlich haben wir allen Schnittstellen zugestimmt.

Das Staatsgut Achselschwang war bereits Testbetrieb für das Klauenmodul. Welche Bedeutung messen Sie der Dokumentation der Klauengesundheit bei?

Im Pro Gesund Register ist eine Jahresübersicht abrufbar, die einem Landwirt in kürzester Zeit die größten Problemfelder der Klauengesundheit darstellt. In Achselschwang werden in erster Linie Klauenrehe, Mortellarosche Krankheit und sonstige Erkrankungen des Bewegungsapparates dargestellt. Die Ergebnisse entsprechen der sorgfältigen Eingabe der Klauenpfleger, die bei jeder Pflege oder Problem-Tier-Behandlung Eingaben im Programm tätigen. Anschließend werden die Daten per ADIS-Datei an das LKV Programm übertragen. Je mehr Daten einfließen, umso detaillierter werden Ergebnisse dargestellt. Tierhalter können Beobachtungen manuell ergänzen, das kann jedoch im Praxisalltag als zu aufwendig betrachtet werden. Für Forschungs- und Versuchszwecke ist eine exakte Beschreibung der Klaue besonders wertvoll.

Die „Übersicht Klauenbefunde“ zeigt, welche Erkrankungen besonders häufig vorkommen.

Welche Erkenntnisse haben Sie den Analysen zur Klauengesundheit bisher entnehmen können?

Großen Einfluss auf die Klauengesundheit nehmen die Haltungsbedingungen und die Zucht. Sind Klauen zu feucht oder der Abrieb zu gering, so entstehen vermehrt Klauenprobleme. Das lässt sich anhand der Dateneingaben nachweisen. Weiterhin wären in meinen Augen Auswertungen abhängig von der Abstammung interessant, um die Klauengesundheit vor allem züchterisch zu verbessern.

Konnten Sie die Klauengesundheit der Herde oder einzelner Kühe bereits optimieren?

Durch die verschiedenen Untersuchungen bei uns im Versuchsgut wird Stalltechnik häufig gewechselt. Das hat Einfluss auf die Klauengesundheit. Daher möchte ich diese Frage gerne erst zu einem späteren Zeitpunkt beantworten.

Nutzen Sie Erkenntnisse aus dem Klauenmodul für züchterische Entscheidungen?

Ja. Wie heißt es so schön: „gesunde Klauen tragen die Milch“. Lahmt ein Tier, sinkt die Leistung abhängig vom Schweregrad der Lahmheit. Deswegen achten unsere Tierzuchttechniker Herr Schwaiger (Fleckvieh) und Herr Schwarz (Braunvieh)auch auf die Erkenntnisse der Klauenpflegeergebnisse.

Vor der Analyse der Klauengesundheitsdaten steht die sorgfältige Dokumentation durch den Klauenpfleger. Foto: J. G.

Pro Gesund, der LKV-Herdenmanager und die LKV-Rind App werden stetig weiterentwickelt. Welche Funktionen würden Sie sich künftig wünschen?

Um die Motivation und gleichermaßen den Nutzen für Landwirte zu steigern, sollte die Dateneingabe noch einfacher und praktikabler gestaltet werden. Ein Ampelsystem, wie wir es vom Herdenmanagerprogramm kennen, könnte für viele Landwirte im Bereich Klauen hilfreich sein. Tiere, die verhältnismäßig oft erkranken, könnten als „rote“ Kategorie im Bereich Klauengesundheit eingestuft werden.

Auch eine Nutzung der LKV-Rind App mit Mitbenutzernummer würde gerade Betrieben mit Fremdarbeitskräften die Eingabe der Gesundheitsdaten im Allgemeinen erleichtern. Für die Milchviehhalter wäre es auch hilfreich, wenn sie im LKV-Herdenmanager Listen über die zurückliegenden Klauenpflegetermine der Kühe inklusive Sortierfunktion erstellen könnten. Dies würde die Übersicht über die Herde verbessern und die Planung für anstehende Klauenpflegetermine erleichtern.

Welche Tipps zum Gesundheitsmanagement können Sie den Milchviehhaltern abschließend mit auf den Weg geben?

Versuchen Sie die Tiergesundheit stetig zu optimieren. Forcieren Sie kleine Dinge, die oft einen großen Schritt für Ihre Herde bedeuten. Verbinden Sie Datenanalyse mit Ihrem Können am Tier. Und bleiben Sie offen für Neues!

Liebe Frau Götz, herzlichen Dank für das interessante Interview!

Umsetzung durch den RDV

Die Umsetzung des Klauenmoduls erfolgte durch den Rinder Daten Verbund (RDV) auf Basis des fachlichen Inputs der RDV-Partner. Darüber hinaus sind Ergebnisse aus dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekt KLAUENfitnet eingeflossen. Der RDV ist ein Konsortium zum Zweck der gemeinsamen Entwicklung und Nutzung von Datenbank- und Anwendersoftware für Leistungsprüfung, Beratung, Herdenmanagement und Tierzucht. Neben dem LKV Bayern gehören der LKV Baden-Württemberg, die ZuchtData Österreich, der LKV Schleswig-Holstein sowie der LKV Nordrhein-Westfalen. Zu den Arbeitsschwerpunkten gehören Onlineanwendungen und Anwendungen für mobile Endgeräte, Datenvernetzung und Datenauswertung für Herden- und Betriebsmanagement. Darüber hinaus findet eine Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Zuchtorganisationen sowie die laufende Weiterentwicklung der Backend-Systeme statt.

Sonja Hartwig-Kuhn

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