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Erhalten durch Nutzen – Der Pschorr serviert Fleisch vom Murnau-Werdenfelser Rind

Erhalten durch Nutzen – Der Pschorr serviert Fleisch vom Murnau-Werdenfelser Rind

Das Murnau-Werdenfelser Rind war einst ein geschätztes und verbreitetes Dreinutzungsrind, stand aber dann Anfang der 2000er Jahr kurz vorm Aussterben. Die Population hat sich mittlerweile erholt, nicht zuletzt, weil Jürgen Lochbihler das Fleisch als Delikatesse auf die Karte des Wirtshauses „Der Pschorr“ am Münchner Viktualienmarkt gesetzt hat.

Jürgen Lochbihler, Wirt vom Pschorr am Viktualienmarkt, München: Bei uns gibt‘s Spezialitäten vom Murnau Werdenfelser Rind.

Im Wirtshaus „Der Pschorr“

Wie es sich gehört, komme ich ein bisschen zu früh im Pschorr an. Man empfängt mich freundlich, weist mir einen Tisch zu und serviert mir ein Getränk. Ich warte auf den Geschäftsführer Jürgen Lochbihler. Während ich warte, sehe ich mir kurze Filme über die Produzenten, die das Wirtshaus beliefern auf einer großen Leinwand an. Die Gäste sollen sehen, wer die Produkte erzeugt, die sie verzehren.

Heute auf der Karte. Für die Küche vom „Pschorr“ wird der gesamte Schlachtkörper verwertet.

Dann kommt er zu mir. Ein schlanker agiler Mann mit Ideen, die er voller Eifer vorträgt. Lochbihler stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb. Ein guter Freund der Familie war Metzger, so dass der Wirt und Geschäftsmann von klein auf Einblick in Tierhaltung und Fleischverarbeitung erhielt. 2005 eröffnete er den Pschorr am Viktualienmarkt in München. 2007 gründete er den Förderverein zum Erhalt des Murnau-Werdenfelser Rindes e.V..

Ziel: Erhalten durch Vermarkten

Zunächst setzte sich der Verein dafür ein, dass das Herdbuch auch über die definierte Gebietskulisse und auch für Mutterkuhhalter geöffnet wurde. In der Anfangszeit wurden gerade einmal sieben Betriebe unterstützt. Drei davon hatten keinen Nachfolger. Mittlerweile sind über 50 Landwirte Teil des Projekts. Der Verein legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit neben der Erweiterung der Zuchtbasis vor allem auf die Vermarktung durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und eine nachhaltige Verbindung zum Tourismus.

Fleisch und Verarbeitung sind nach Geprüfter Qualität Bayern (GQB) und dem Siegel „Bayerisches Rindfleisch g.g.A“ (geschützte geographische Angabe) zertifiziert. Die meisten Betriebe arbeiten zudem nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus.

Die Nachfrage nach Fleisch vom Murnau-Werdenfelser Rind hat sich im Laufe der Jahre positiv entwickelt. 2021 wurden knapp 400 Schlachtkörper verarbeitet. Zunächst kam das Fleisch nur im „Pschorr“ auf den Teller. Dieser Absatzweg macht heute nur noch rund fünf Prozent aus. Nahezu der gesamte Rest wird im Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt. Ein geringer Anteil läuft über eine Direktvermarktung im Pschorr und auf dem Viktualienmarkt. Auf Grund der regen Nachfrage möchte Lochbihler die Schlachtzahlen erhöhen.

Murnau-Werdenfelser sind gefragt

Landwirte sollen durch zusätzliche Wertschöpfung ermuntert werden, Murnau- Werdenfelser Rinder zu züchten. Oft stehen Einzeltiere der Traditionsrasse in klassischen Fleckvieh-Herden. Dabei handelt es sich nicht selten um Tiere, die dem Betriebsleiter geschenkt wurden oder solche, die aus Liebhaberei gehalten werden. Lochbihler ruft die Landwirte dazu auf, diese Tiere auch mit Murnau-Werdenfelser Bullen zu besamen. Auf den Besamungsstationen liegt ausreichend Samen vor.

Das Fleisch der schönen Murnau-Werdenfelser Rinder ist gefragt. Foto: Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Murnau Werdenfelser Vieh

Lochbihler garantiert den Absatz der Kälber mindestens zum Fleckviehpreis. Auch Kälber, die nicht mehr über den Kälbermarkt vermarktet werden können, werden in das Programm aufgenommen. Betriebe, die Murnau-Werdenfelser Kälber verkaufen, müssen nicht am Programm teilnehmen. Derzeit übernehmen zwei Lohnmäster die Mast dieser Tiere. Zusätzlich werden Ochsen, nicht gekörte Bullen und Altkühe für das Programm geschlachtet. Mit der Lohnmast eröffnet das Programm Betrieben, die aus der Milcherzeugung aussteigen wollen eine alternative Einkommensquelle.

Murnau-Werdenfelser in der Wissenschaft

Neben der praktischen Landwirtschaft und Vermarktung engagiert der Förderverein sich auch im Bereich Forschung. Es wurden gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zwei Genomprojekte durchgeführt. Ziel des Projektes war es Bullen zu erzeugen, die reinrassig sind und gleichzeitig eine niedrige Verwandtschaft zur Population haben. Auch Bullen aus der Genreserve kamen zum Einsatz. In einem Folgeprojekt werden durch die Dokumentation der Schlachtdaten und Gewebeproben weitere Informationen für die Zucht gewonnen werden. Dazu werden seit fünf Jahren werden Daten aus der Einzeltierzerlegung gesammelt.

Die Wertschätzung wird kommen

Jährlich steigen durchschnittlich zwei neue Betriebe in das Programm ein. Lochbihler besucht die Betriebe, bevor er sie aufnimmt. Über 70 Prozent der teilnehmenden Betriebe wirtschaften biologisch, das Zertifikat „Geprüfte Qualität Bayern“ (GQB) tragen alle. „Die teilnehmenden Betriebe können ihre eigene Philosophie weiterfahren“, betont der Geschäftsmann. Das gehört für ihn zur Wertschätzung seiner Betriebe dazu. Die Wertschätzung der Landwirte, die unsere Lebensmittel erzeugen ist ihm ein wichtiges Anliegen. Er ist überzeugt, dass die gesellschaftliche Wertschätzung der Landwirtschaft in Zukunft deutlich wachsen wird. „In ca. 15 Jahren wird Landwirt ein angesehener Beruf sein!“ ist er sich sicher.

Aus dem LKV-Jahresbericht MLP 2022:

  • 2022 waren 352 Murnau-Werdenfelser Kühe in der MLP, davon waren 276 reinrassig
  • 2022 wurden 452 Murnau-Werdenfelser Kälber geboren, davon waren 292 reinrassig.

 

Bei Interesse an der Vermarktung von Murnau-Werdenfelser Tieren aber auch bei Interesse an studentischen Abschlussarbeiten, Nebenjobs und Praktika steht Jürgen Lochbihler gerne zur Verfügung:

Jürgen Lochbihler
info@murnauwerdenfelser.de

 

 

Sonja Hartwig-Kuhn

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