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Die Fischotter kehren nach Bayern zurück – und mit ihnen die Konflikte

Die Fischotter kehren nach Bayern zurück – und mit ihnen die Konflikte

Der Fischotter breitet sich in Bayern wieder aus. Die Teichwirte fürchten seine Anwesenheit; er frisst ihnen die Fische weg. Fischotterberater helfen bei der Bewältigung der Probleme – und eigentlich sollte der Fischotter auch bejagt werden dürfen.

Fischotter Lutra lutra, putzig und gefräßig, Foto: P. Gilbert

Der Fischotter (Lutra lutra, L.)

Fischotter sind die längsten und nach dem Dachs die zweitschwersten heimischen Marder. Männchen wiegen im Durchschnitt neun Kilogramm und sind damit schwerer als die etwa sechs Kilogramm wiegenden Weibchen. Durch den stromlinienförmigen Körper, das extrem dichte Fell und die Schwimmhäute zwischen den Zehen sind Fischotter perfekt an ein Leben im Wasser angepasst. Tagsüber verstecken sie sich unter Wurzelgeflechten, Steinen oder Felsen, in trockenen Kanalrohren, Asthaufen beziehungsweise Holzbeigen, im dichten Gestrüpp oder im Schilf; gerne auf Inseln. Die Ruheplätze werden fast täglich gewechselt.

Fischotter mögen keine Gesellschaft. Sie sind territoriale Einzelgänger. Das Revier eines Männchens überlappt allerdings mit mehreren Revieren von Weibchen. Weibchen besiedeln somit kleinere Reviere innerhalb größerer Reviere erwachsener Männchen.

Fischotter bekommen vor allem im Frühjahr und Sommer Nachwuchs. Wenn die Weibchen ihre Jungen bekommen, ziehen sie sich in Wurfbauten zurück. Diese werden mehrere Wochen genutzt. Es sind in der Regel Höhlen, die vor Hochwasser geschützt sind. Teilweise liegen sie abseits der Gewässer. Die Weibchen ziehen die Jungen ohne Hilfe der Väter auf. Diese werden nicht am Bau geduldet.

Im Durchschnitt fressen Fischotter etwa 1,4 Kilogramm Fisch pro Tag. Sie nehmen zwar auch Amphibien, Reptilien, Vögel oder Insekten zu sich, Fische sind aber die Hauptnahrung. In Zeiten oder in Gegenden mit wenig verfügbaren Fischen ist die Sterblichkeit bei den Fischottern hoch.

Fischotter breiten sich in Bayern wieder aus

Aus Bayern waren Fischotter in den 1970er Jahren fast verschwunden. Danach erholte sich der Bestand wieder. 2011 lebten in Niederbayern nördlich der Donau schon wieder etwa 240 Fischotter; 2014 war der Osten Bayerns flächendeckend besiedelt. Aktuell findet eine weitere Ausbreitung nach Westen und aus den Alpen kommend nach Norden statt.

Die Wiederbesiedlung der bayerischen Teichgebiete durch Fischotter führt dort zu massiven Schäden am Fischbestand, die sich 2019 und 2020 auf jeweils über einer Million Euro summierten. Bisher treten die Schäden vor allem in der Oberpfalz, in Nieder- und in Oberbayern auf.

Der Fischottermanagementplan

Die bayerische Staatsregierung hat die existentiellen Nöte der Teichwirtschaft erkannt und setzt seit 2016 einen Fischottermanagementplan um. Beratung, Hilfen zum Zaunbau und Entschädigungszahlungen sind die drei Säulen, auf denen er ruht. Eine geplante vierte Säule – Entnahme – kann bisher nicht umgesetzt werden.

Die drei Säulen des Fischottermanagementplans

  • Beratung: Drei Fischotterberater sind aktuell an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft beziehungsweise am Landratsamt Tirschenreuth beschäftigt. Sie beraten die Teichwirtinnen und -wirte vor Ort. Sie informieren über mögliche Abwehrmaßnahmen, wie den Bau von Abwehrzäunen, stellen aber auch die durch Fischotter entstandenen Schäden fest. Sie sind Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Themen Beratung, Prävention, Zaunbau und Entschädigung. Die jeweiligen Fischotterberater sind für unterschiedliche Regionen zuständig.
  • Zaunbau: Der Bau von Abwehrzäunen kann bei kleineren Teichen den Zugang von Fischottern zuverlässig verhindern. Die Baumaßnahmen können mit Zuschüssen des EU-Förderprogramms EMFF (Europäischer Meeres- und Fischereifonds) unterstützt werden. Für Zäune, die nach den Vorgaben des Fischotterberaters errichtet wurden, wird die Hälfte der Kosten bezuschusst. Um die Fördervoraussetzungen zu erfüllen, sollte man unbedingt schon bei der Planung eines Zauns den zuständigen Fischotterberater zu Rate ziehen.
  • Entschädigungsfonds: Für Schäden, die trotz Zäune entstanden sind oder in Teichwirtschaften, bei denen ein Zaunbau nicht durchführbar ist, wurde ein Entschädigungsfonds eingerichtet. Dafür hat das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aktuell eine Million Euro pro Jahrbereitgestellt.
Elektrischer Zaun zur Abwehr von Fischottern, Foto: LfL

Die wichtigsten Voraussetzungen für Hilfen zum Zaunbau und für die Entschädigungszahlungen sind, dass mehr als 0,5 Hektar Teichfläche bewirtschaftet oder jährlich Fische mit einem Gesamtwert von mehr als 750 Euro erzeugt oder jährlich Fische mit einem Gesamtgewicht von mehr als 250 Kilogramm produziert werden. Wichtig auch: Seit 2017 ist es zwingend notwendig, ein Teichbuch zu führen, um eine Entschädigung zu erhalten.

Die Vierte Säule

Bei geschützten Tieren, wie Kormoran, Graureiher oder Biber ist eine Entnahme einzelner Tiere im Ausnahmefall möglich. Ebenso werden in einigen österreichischen Bundesländern Fischotter entnommen. Dies wollte die Staatsregierung auch für den Fischotter in Bayern ermöglichen. Nach intensiven Vorbereitungen erließ die Regierung der Oberpfalz im Frühjahr 2020 dazu Ausnahmegenehmigungen, um im Rahmen eines Pilotprojekts eine Entnahme in geringem Umfang zu erproben. Obwohl Vertreter des Naturschutzes am Konzept für das Pilotprojekt beteiligt waren, klagte die Naturschutzseite dann gegen die Umsetzung. Coronabedingt fand die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erst vor wenigen Wochen statt. Leider folgte das Verwaltungsgericht Regensburg der Klägerseite und verbietet bis auf weiteres eine Entnahme von Fischottern in Bayern. Dies ist ein schwerer Rückschlag im Bemühen, die Teichwirtschaft in Bayern zukunftsfähig zu erhalten.

Woran erkennt man die Anwesenheit von Fischottern?

Lange Jahrzehnte waren die Fischotter verschwunden und das Wissen ist in Vergessenheit geraten. Zusätzlich sind Fischotter nachtaktiv und werden nur selten gesehen. Sie hinterlassen aber oft typische Spuren, an denen man ihre Anwesenheit erkennen kann.

  • Wildkameras sind sehr gut geeignet, Fischotter nachzuweisen. Geeignete Kameras sind heute für 100 Euro im Fachhandel zu bekommen. Auch die Fischotterberater stellen Wildkameras zur Verfügung. Brückendurchlässe oder Wechsel zwischen zwei Teichen werden von Fischottern regelmäßig genutzt. Dort ist die Anbringung einer Kamera erfolgsversprechend. Mit etwas Glück gelingen eindeutige Aufnahmen.

 

  • Losungsplätze liegen gerne an Teichrändern und unter Brücken. Die Losung ist schwarz bis grau, walzenförmig und bis fünf Zentimeter lang. Manchmal sondern Fischotter ein Analsekret, ein zähflüssiges Fischottergelee, ab. Im Kot kann man oft Fischreste, wie Schuppen und Knochen aber auch Krebsscheren erkennen. Die Losung riecht angenehm – im Gegensatz zum Mink, dessen Losung „stinkt“. Muscheln werden von Fischottern eher nicht gefressen. Aufgeknackte Muschelhaufen deuten auf Bisamratten hin.

 

  • Trittsiegel von Fischottern sind eindeutig. Fischotter leben auf großen Pfoten. Die Vorderpfote ist vier bis sieben Zentimeter, die Hinterpfote sieben bis neun Zentimeter lang. Fischotter haben Krallen und Schwimmhäute, die man oft in den Trittsiegeln erkennen kann. Die Zehen stehen wie bei einer menschlichen Hand vor (der mittlere Zeh am weitesten).

 

  • Scharrhaufen, auf denen oft mittig eine Losung abgelegt wird, Ruheplätze mit niedergedrücktem Gras, Wechsel zwischen zwei Teichen (Achtung Verwechslung mit Biber oder Nutria häufig) und angefressene Fische sind weitere Hinweise auf die Anwesenheit von Fischottern.

 

Wildkameras eignen sich gut, um
Fischotter nachzuweisen. Foto: A. Horn
Die Losungsplätze der Fischotter liegen
gerne an Teichrändern und unter Brücken.
Die Losung ist schwarz bis grau, walzen-
förmig und bis fünf Zentimeter lang.
Foto: LfL
An den Trittsiegeln der Fischotter erkennt
man die Krallen und Schwimmhäute.
Foto: LfL

Im Zweifel kann man Bilder machen und den Fischotterberatern zur Beurteilung zukommen lassen.

Was kann man tun?

Wenn man Fischotterspuren an einem Teich findet oder wenn an den Teichen etwas nicht stimmt (Bsp.: die Fische fressen nicht mehr, beim Abfischen fehlen die meisten Fisch), dann sollten die Alarmglocken läuten und man sollte einen Fischotterberater hinzuziehen. Bayern ist hier im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern sehr gut aufgestellt. Zusammen mit dem Fischotterberater wird die Anwesenheit von Fischottern bestätigt. Er überprüft die Fördervoraussetzungen für Zaunbau und Entschädigungszahlungen und beurteilt, ob ein Zaunbau machbar und wirtschaftlich wäre. Auch bei Fragen zum Antrag auf Entschädigung hilft er weiter. Bei Problemen, die mit der Wiederkehr der Fischotter entstehen, werden die bayerischen Teichwirte also nicht allein gelassen.

Dr. Christian Wagner, LfL

Infobox

Merkblatt Information für Teichwirte und Betroffene: https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/merkblaetter/fischottermanagement_lfl-merkblatt.pdf

Informationen zum Fischottermanagementplan, Kontaktadressen der Fischotterberater, Bildergalerie Fischotterspuren: www.lfl.bayern.de/fischotter

Förderwegweiser StMELF, Ausgleich von Fischotterschäden in Teichen und Antragsstellung Zaunbau: https://www.stmelf.bayern.de/agrarpolitik/foerderung/158193/index.php

Aktuelle Verbreitung des Fischotters in Bayern: https://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/steckbrief/zeige?stbname=Lutra+lutra

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