Suche

Bewährtes Konzept: LKV-Beratung auf Naturland-Betrieben

Bewährtes Konzept: LKV-Beratung auf Naturland-Betrieben

Im bayerisch-schwäbischen Landkreis Lindau bewirtschaftet Christian Sutter einen Milchviehbetrieb mit 35 Braunviehkühen, er vermarktet das gesamte Fleisch direkt und bietet Landschaftspflege an. Bei der Umstellung von „Konventionell auf Bio“ wollte Sutter 2017 alles richtig machen und setzte auf die Expertise von seinem LKV-Fütterungsberater.

Der Allgäuer Christian Sutter ist ein Mann mit Tatendrang. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er mehrere Jahre als Zimmerer und half auf dem elterlichen, konventionellen Milchviehbetrieb mit 15 Kühen im Nebenerwerb mit. Es war einfach zu viel Arbeit, erzählt er. Schon 2008 fragte er sich, was wohl aus dem Betrieb werden könnte. Er absolvierte seine landwirtschaftliche Ausbildung an der Alpwirtschaftsakademie und startete die LKV-Fütterungsberatung mit Manfred Waltner. 2012 war es dann soweit. Es bot sich die Möglichkeit einen Betrieb zu pachten. Gesagt, getan und die Herde wurde nach und nach mit eigens gezogenen Tieren auf 35 Milchkühe aufgestockt. Seitdem führt er den Betrieb im Vollerwerb und bewirtschaftet 57 ha. 2017 fasst die Familie den Entschluss ihren Betrieb zukünftig ökologisch zu führen. Da er große Bedenken hatte, dass bei der Umstellung und der hohen Milchleistung von ca. 10000 Litern die Kühe gesundheitliche Probleme bekommen, baute Sutter insbesondere auf die Unterstützung von seinem LKV-Fütterungsberater.

Von Mai bis Oktober werden die Tiere auf den Weiden gehalten.

Fütterungsberatung

„Weil der Betrieb Sutter schon immer Heumilchbetrieb war, fiel die Umstellung auf Bio nicht allzu schwer“, sagt Manfred Waltner. Von Anfang an war es oberste Priorität die Grundfutteraufnahme zu steigern. Da dies nur mit einer sehr guten Grundfutterqualität gelingen kann, haben wir mehrere Maßnahmen umgesetzt. Dabei wurde auch die Weidehaltung optimiert. „Das Umtriebssystem mit wechselnden Weideflächen hat sich im Allgäu bewährt“, sagt Waltner. Damit die Kühe besser ausgefüttert werden und bei heißem Wetter nicht der prallen Sonne ausgesetzt sind, werden sie täglich sechs Stunden auf der Weide gehalten und verbringen den Rest des Tages im Laufstall. Dort erhalten die Tiere Heu und Grascobs bester Qualität. Die hofeigene Heutrocknungsanlage funktioniert mit einer Warmluftbelüftung mittels Dachabsaugung. „Je nach Grundfutterqualität melken wir ca. 6.000 Liter Milch aus dem Grünfutter“, freut sich Sutter. Die Kühe erhalten nur bei Bedarf leistungsgerecht Kraftfutter, pro Tier und Tag werden maximal 8 kg verfüttert. Aktuell liegt die Milchleistung bei 9.100 Liter pro Kuh und Jahr.

In den Anfangsjahren war ich vier Mal pro Jahr auf dem Betrieb, mittlerweile reichen zwei Fütterungsberatungen pro Jahr aus“, berichtet Manfred Waltner. „Bei jedem Betriebsbesuch mache ich zuerst einen Stall- und Hofrundgang mit dem Betriebsleiter, im Sommer gehen wir auch auf die Weide. Dabei schauen wir uns gemeinsam das Futter und die Tiere an. Das Aussehen der Tiere ist immer eine gute Rückmeldung“, erklärt Waltner. „Anschließend setzen wir uns zusammen und ich berichte, was mir aufgefallen ist. Verbesserungsvorschläge werden diskutiert und wir sprechen darüber, was demnächst in der Fütterung ansteht. Bei Bedarf führe ich Rationsberechnungen durch.“

Christian Sutter nutzt die Fütterungsberatung auch gerne, um seine kreativen Einfälle gekonnt umzusetzen. „Bei den Ideen zur Milchansäuerung, ad libitum-Tränke, sowie selbst gemischter Kälber-TMR war ich immer der erste Ansprechpartner“, grinst Waltner. „Denn insbesondere im ersten Jahr müssen die Kälber optimal ernährt werden um gut zu wachsen.“

Betriebsgeheimnis

Die Grundsteine für den Betriebserfolg sind der Familienzusammenhalt und eine besonders fürsorgliche Kälberaufzucht. Nach den neuen Richtlinien in der Bio-Kälberhaltung darf Sutter die Kälber nur noch eine Woche in den Einzelbuchten halten. Die zweite bis sechste Woche verbringen die jungen Tiere im Außenklimastall. Für die Sommerzeit wurde hierfür der Ziegenstall genutzt, denn der Kälberstall bietet für die ganz jungen Kälber kein optimales Kleinklima. „Wir sind nie zufrieden und lieben neue, einfache Ideen“, erklärt Sutter. „Für die Winterzeit müssen wir uns noch etwas einfallen lassen.“

Kälberaufzucht und -management

Sutter legt großen Wert darauf, dass alle Kälber in den ersten vier Stunden nach der Geburt bis zu sechs Liter Biestmilch trinken. Ab der zweiten Mahlzeit wird die Milch dann angesäuert. Dafür verwendet er einen Vollmilchaufwerter mit Spurenelementen, Wasser wird nicht zugesetzt. Alle Kälber werden bis zur sechten Woche ad libitum getränkt und trinken in der Regel bis zu 10 Liter täglich. Nach 12 Wochen werden sie abgesetzt und kommen von Mai bis Oktober auf die Weide. Die jungen Tiere erhalten ausschließlich bestes Raufutter, Kälbermüsli und Wasser. „Bei den Kälbern wird nicht gespart, sie bekommen nur das Beste“, verrät Sutter. Dazu zählen eine trockene Liegefläche, sehr gute Kälber-TMR und Kälbermüsli. Die Tiefstreuliegebuchten werden täglich mit getrocknetem Gras aus den Streuwiesen (Streue) eingestreut und wöchentlich gekalkt. Das Kälberfutter mischt er nach der Rationsberechnung von Manfred Waltner selbst an. Das Kälbermüsli wird er allerdings in Zukunft aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes wieder als fertige Sackware beziehen. Zudem werden alle Tiere bei Bedarf homöopathisch behandelt.

Der Kälberstall bietet reichlich frische
Luft, Tiefstreuliegebuchten, Einzelfress-
plätze und Beschäftigungsmaterial.
Christian Sutter und LKV-Fütterungs-
berater Manfred Waltner: die erfolgreiche Kälberaufzucht ist ein gemeinsamer Erfolg

Vielseitige Standbeine

Familie Sutter setzt auf vielseitige Standbeine. Neben dem Verkauf der Milch vermarkten sie das gesamte Fleisch ihrer Tiere selbst und bieten mit ihren Ziegen Landschaftspflege an.

Milchvieh

Ca. 300.000 Liter Heumilch erzeugt die Braunviehherde pro Jahr, wovon der größte Anteil von der Schönegger Käse-Alm verarbeitet wird. Auch die Kälber und Nachbarn erfreuen sich an der Biomilch.

Allgäuer Weiderind: Vermarktung Rindfleisch: 16 zweijährige Tiere

Die Direktvermarktung von Fleisch ist vor 25 Jahren eher durch einen Zufall entstanden, erzählt Christian Sutter. Ein Teil seiner Familie lebt in Augsburg. So kam die Idee auf, dort Fleisch vom Allgäuer Weiderind zu verkaufen. Mittlerweile vermarktet Sutter jährlich zu einem festen Termin das Fleisch von 16 zweijährigen Rindern. Die Kunden bestellen die Fleischpakete im Voraus und holen diese an festen Abholpunkten in Augsburg, Ulm und München ab. „Die Färsen und Ochsen werden von einer kleinen Metzgerei, wenige km von unserem Betrieb entfernt, geschlachtet. Aufgrund der Arbeitsspitzen zur Erntezeit und um der Kühlkette gerecht zu werden, schlachten wir nur von Oktober bis April. Nach einer Reifezeit von 10-14 Tagen stellen wir die Fleischpakete zusammen, vakuumieren und verpacken diese selbst. Um eine gute Fleischqualität zu erzeugen kreuzt Sutter seine Braunviehkühe mit den Rassen Angus, Weiß-Blaue Belgier und Limousin. Alle Tiere erhalten ausschließlich frisches Gras, Heu und etwas Getreideschrot. Auf diese Weise kommt das zarte Fleisch mit einer feinen weißen Fettmarmorierung zustande.

Um eine gute Fleischqualität zu erzeugen kreuzt Sutter Braunvieh mit den Rassen Angus, Weiß-Blaue Belgier und Limousin.

Allgäuer Bruderkalb

Dass die männlichen Kälber den Betrieb und die Region verlassen um in spezialisierten Betrieben gemästet zu werden, stellte Familie Sutter nicht zufrieden. Seit diesem Jahr vermarkten sie das Fleisch der männlichen Braunviehkälber ganzjährig. Die Kälber wachsen auf dem eigenen Betrieb auf und werden bis zur Schlachtung im Alter von drei Monaten mit Vollmilch getränkt.

Vermarktung Rindfleisch: Allgäuer Grillschump

(Fleisch)not macht erfinderisch. Als die Verwandtschaft vor zwei Jahren anmerkte, dass zu Beginn der Grillsaison bereits alle Steaks aufgegessen sind, musste eine neue Lösung her. Christian Sutter sprach mit dem Metzer seines Vertrauens und schnell war die Idee zum Allgäuer Grillschump geboren. Seitdem lässt er pro Jahr ein Jungrind nur für Grillfleisch zerlegen.

Bei den Sutters wird das gesamte Rind verwertet. Weniger qualitative Fleischstück werden zu Wurst verarbeitet oder selbst verzehrt. Die Kunden können auch Herz, Niere, Leber und Zunge bestellen.

Landschaftspflege mit Ziegen

„Alles fing vor fünf Jahren mit einem Hobby an“, lacht Christian Sutter. Mit einem besten Freund züchtete er seltene Ziegenrassen, wie die Walliser Schwarzhalsziege, Passeirer Gebirgsziege und Blobe Ziege. Im Sommer weideten die Tiere auf verbuschtem Land. Mittlerweile hat sich daraus ein richtiges Standbein entwickelt. „Kommunen und private Auftraggeber nehmen unsere Landschaftspflege für Ausgleichsflächen in Anspruch“, erzählt Sutter. Einnahmen erzielt er über die Beweidung und den Verkauf der Zicklein an Hobbyzüchter.

Familie Sutter – die vielen Standbeine sind nur mit geballter Familienpower möglich (Foto: Sutter)

Familienpower

Die vielen Standbeine seines Betriebes sind mit sehr viel Arbeit verbunden, erzählt Sutter. „Man kommt da schon manchmal an seine Grenzen. Aber es macht uns immer noch Spaß und wir machen es gerne“, erzählt Sutter.

All das wäre ohne meine Familie nicht möglich, betont Sutter mehrfach. Insbesondere seine Ehefrau Christiane sowie seine Eltern Georg und Maria sind stark in die Betriebsabläufe eingebunden. Und wenn Not am Mann ist, packen die drei Kinder im Alter von 10 bis 17 Jahren auch gerne mit an.

Kurz vorgestellt

Manfred Waltner

Seit 1983 arbeitet der gelernte Landwirtschaftsmeister für das LKV Bayern, zuerst als Leistungsoberprüfer und seit 2000 als Fütterungsberater. Somit war er einer der ersten Fütterungsexperten des LKV Bayern. Über viele Jahre hat er Seminare zur Kälberhaltung und Jungviehaufzucht gehalten und neue LKV-Berater mit ausgebildet. Zwei bis drei Mal pro Jahr besuchte er seine rund 130 Betriebe in den Landkreisen Oberallgäu Süd und Lindau. Seit Juli 2021 genießt Manfred Waltner den Ruhestand und unterstützt noch einige wenige LKV-Betriebe sowie junge Berater. Das LKV Bayern dankt ihm für sein großes Engagement und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute.

Martina Leißner

Aktuelles VOM lkv bayern

Das LKV in zahlen