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Interview mit MdL Albert Füracker, bayerischer Staatsminister für Finanzen und Heimat

Interview mit MdL Albert Füracker, bayerischer Staatsminister für Finanzen und Heimat

Der bayerische Finanzminister kennt sich nicht nur mit Finanzen aus. Als gelernter Landwirt positioniert er sich zur Landwirtschaft.

Siegerehrung des Jungzüchterwettbewerbs der Bayerischen Landestierschau Fleischrinder in Moosbach. Foto: FVB/ Pohl

Welche Berührungspunkte haben Sie als bayerischer Finanzminister mit der Landwirtschaft?

Ein enger und regelmäßiger Austausch beim Thema Landwirtschaft ist mir sehr wichtig, nicht nur aus alter Verbundenheit. 230.000 Beschäftigte und 25 Milliarden Euro lokale Wertschöpfung der Agrarwirtschaft in Bayern dürfen von einem Finanzminister nicht vernachlässigt werden. Nicht nur mit kluger Steuerpolitik können wir Landwirten eine angemessene Unterstützung bieten. Auch ist die Aufstellung des Bayerischen Staatshaushalts von entscheidender Bedeutung. Hier arbeite ich eng mit meiner Kollegin, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, zusammen, um für die Landwirtschaft das Bestmögliche zu erreichen.

Sie fordern auf Bundesebene Steuerentlastungen für die Landwirte, da diese aktuell einem hohen Preisdruck und gestiegenen Kosten ausgesetzt sind: Beibehalt der Vorsteuerpauschale von 9,5 Prozent, Erhöhung der Agrardieselvergütung, Erhöhung des Einkommensteuer-Freibetrags, Erhöhung des Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Welchen Einfluss haben Sie auf die Bundesentscheidungen?

Leider können wir im Steuerbereich bislang für Bayern – von der Grundsteuer abgesehen – keine eigenständigen Gesetze erlassen. Die Länder sind bei den Steuern auf den Bund angewiesen, können aber über den Bundesrat z.B. im Finanzausschuss Einfluss nehmen. Bayern bringt sich hierbei stets stark ein: Wir stellen Anträge, transportieren so bayerische Anliegen und setzen steuerpolitische Akzente. Bei vielen Punkten sind uns selbst in Deutschland die Hände gebunden, wenn die EU ihren Mitgliedstaaten bindende Vorgaben macht, so z. B. bei der umsatzsteuerlichen Pauschalbesteuerung.

Aktuell stehen vor allem Fragen der Energiegewinnung und -besteuerung sowie die Hofnachfolge im Fokus. Bayern setzt sich dafür ein, regenerative Energien und Stromtrassen voranzubringen und den Fortbestand vor allem familiengeführter landwirtschaftlicher Betriebe in nächster Generation zu ermöglichen. Unter anderem fordern wir schon lange die Einführung eines steuerlichen Freibetrags zur Abfindung weichender Erben oder zur Tilgung von Altschulden. Auch bei der Agrardieselvergütung bleibt Bayern dran. Gerade in Zeiten mit extrem hohen Energiepreisen muss der Bund endlich die Steuerbelastung auf Energie dauerhaft auf das EU-Mindestmaß senken. Auch wenn sich die Ampel-Koalition dagegen sperrt, Bayern wird zielgerichtete Maßnahmen zur Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft weiter einfordern.

Mit den wachsenden Anforderungen seitens Politik, Gesellschaft, Handel und Umwelt stehen viele Tierhalter vor einer großen Entscheidung: umbauen, neu bauen oder aufhören. Was raten Sie unseren Mitgliedsbetrieben?

Der Freistaat wird seine Landwirte bei diesen Herausforderungen auch weiterhin nach Kräften unterstützen, da die Tierhaltung eine tragende Säule und die wirtschaftliche Grundlage unserer stark bäuerlich geprägten Betriebe ist. Darüber hinaus leisten gerade die Tierhaltungsbetriebe einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung unserer bayerischen Kulturlandschaft, die nicht nur wir, sondern auch unsere zahlreichen Gäste schätzen. Wichtig wäre, dass die Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Nutztierhaltung in Deutschland abgibt. Unsere Landwirte brauchen Planungssicherheit.

Ein pauschaler Rat an Tierhalterinnen und Tierhalter ist aber leider schwer. Maßgeblich sind immer die individuellen einzelbetrieblichen und persönlichen Voraussetzungen. Dazu gehören die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Möglichkeiten der Hofstelle, die arbeitswirtschaftliche Situation, aber auf jeden Fall auch die Bedürfnisse und Wünsche der Betriebsleiterfamilie. Grundlage einer jeden Entscheidung für die Zukunft muss eine intensive Analyse aller Faktoren sein, um sich der Stärken und Schwächen bewusst zu sein. 

Wie schätzen Sie als Finanzminister und Landwirt die Perspektiven der bayerischen Landwirtschaft ein?

Die Perspektiven der bayerischen Landwirtschaft sind aus meiner Sicht so gut wie lange nicht, denn vielen ist gerade in letzter Zeit bewusst geworden: Die Landwirtschaft ist eine der wichtigsten Branchen. Unsere Landwirte versorgen uns täglich mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln, die unverzichtbar für jeden Menschen sind. Neben dem Einkauf regionaler und ökologischer Produkte sowie dem Erhalt der Landschaft liegt erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder der Selbstversorgungsgrad im Fokus. Bayerns Landwirtschaft ist leistungsfähig, wir sollten sie fördern und unterstützen.

Wie können potenzielle Hofnachfolger davon überzeugt werden der Landwirtschaft/ Tierhaltung treu zu bleiben?

Der aktuelle Bayerische Agrarbericht zeigt, dass der Strukturwandel in Bayern geringer als anderswo ist. Junge Menschen bleiben der Landwirtschaft offensichtlich treu. Weniger erfreulich ist, dass gerade die Tierhaltung, der aufgrund ihres großen Wertschöpfungsbeitrags ein besonderes Gewicht zukommt, immer öfter aufgegeben wird. Daher unterstützt die Bayerische Staatsregierung auch hier auf vielfältige Weise. Ein Beispiel: Meine Kabinettskollegin Michaela Kaniber hat die „Junglandwirtekommission“ initiiert und sich intensiv mit den Anliegen der nächsten Generation auseinandergesetzt. Zudem hat Bayern auf Bundes- und EU-Ebene erfolgreich für die Erhöhung der Junglandwirte- und der Umverteilungsprämie für die ersten Hektare im Rahmen der neuen EU-Agrarpolitik gekämpft. Daneben müssen wir das Potential moderner IT-Lösungen nutzen: Stichwort Smart Farming. Automatisierung, Robotik und künstliche Intelligenz können die landwirtschaftliche Welt langfristig revolutionieren. Bereits sehr erfolgreich in der Anwendung ist der „Landwirtschaftliche Fahrzeugpositionierungsservice“ (LFPS). Dieser wurde von der Bayerischen Vermessungsverwaltung in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Bauernverband entwickelt und ermöglicht durch zentimetergenaue Positionierung einen hochpräzisen Pflanzenanbau bei Saat, Düngung und Ernte.

Als Heimatminister haben Sie Ihre Heimat Oberpfalz wie folgt beschrieben: „Heimat ist da, wo ich mich wohlfühle, wo ich mich auskenne und wo ich gerne bin.“ Wie sehr prägt die Landwirtschaft Ihr Heimatgefühl?

Landwirtschaft ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Oberpfalz und ganz Bayern. Als ausgebildeter Landwirt habe ich zu unserer heimischen Landwirtschaft einen engen Bezug. Sie symbolisiert für mich Bodenständigkeit, Zusammenhalt und Wertschätzung für die Natur. Unsere Landwirte gestalten mit unermüdlicher Schaffenskraft vielfältige Kulturlandschaften, das ist insbesondere für die Anpassungen an den Klimawandel wichtig. Es sind aber auch die Menschen und das gesellschaftliche Leben vor Ort, die Heimat ausmachen und dieses einzigartige Gefühl von „Hier bin i dahoam“ vermitteln. Landwirtschaft prägt unser Landschaftsbild, Selbstverständnis und auch mein ganz persönliches Heimatgefühl und -verständnis.

Mit welchen Maßnahmen steigern Sie die Attraktivität des ländlichen Raumes?

Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern zu schaffen – dieses Ziel hat Verfassungsrang. Dementsprechend liegt ein besonderes Augenmerk unserer Heimatpolitik auf der Stärkung des ländlichen Raums. Mit der Heimatstrategie gestalten wir aktive Strukturpolitik für ganz Bayern und haben in den vergangenen Jahren hierbei beachtliche Erfolge erzielt. Der ländliche Raum in Bayern ist ein attraktiver Wohn- und Arbeitsraum und hat auch zukünftig großes Potential. Deshalb haben wir die erfolgreiche Heimatstrategie 2021 zur „Offensive.Heimat.Bayern 2025“ weiterentwickelt und an aktuelle Herausforderungen angepasst. Mithilfe gezielter Maßnahmen und Förderungen führen wir Bewährtes fort und stellen dabei die Menschen im ländlichen Raum noch stärker in den Mittelpunkt – denn auch zukünftig soll überall in Bayern jeder gut und gerne leben können. Ein essenzieller Bestandteil der Strategie ist der flächendeckende Gigabitausbau. Leistungsfähige Glasfasernetze sind auch in der Landwirtschaft Grundvoraussetzung für die immer weiter fortschreitende Digitalisierung. Der Freistaat Bayern engagiert sich seit Jahren auf freiwilliger Basis massiv, um eine bestmögliche Internetversorgung seiner Bürgerinnen und Bürger insbesondere in den ländlichen Regionen zu ermöglichen. Das zahlt sich aus: Im ländlichen Raum sind wir Nummer 1 der Flächenländer in der Versorgung mit schnellem Internet.

Landwirtschaftlicher Lebenslauf

Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, MdL, 1968 in Parsberg geboren, hat 1988 seine Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen. Anschließend absolvierte er die Technikerschule in Triesdorf mit dem Abschluss zum staatlich geprüften Techniker für Landbau und übernahm 1990 den elterlichen Vollerwerbsbetrieb, den er bis 2008 selbst führte. Über seine landwirtschaftlichen Wurzeln sagt Füracker: „Sollte ich jemals der Politik den Rücken kehren, habe ich auch nichts dagegen, mich wieder intensiver meinem Hof widmen zu können. Ich war immer gerne Landwirt.“

Verleihung Dialektpreise 2022 im Heimatministerium in Nürnberg. Foto: StMFH, Christian Blaschka

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